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Touristisches Usedom; leere Oderregion auf perfekten Wegen; Schlusspunkt in der Hauptstadt

 

Gesamtstrecke: 470 Kilometer

Fahrradkarten:

Ostseeküsten-Radweg 2 ,bikeline, 1:75.000

Oder-Neiße-Radweg, bikeline, 1:75.000

Märkische Schweiz, Kompass, 1:50.000

 

1. Tag Mittwoch, 13. August
Strecke Münster – StralsundGreifswaldLubmin – Kröslin – Wolgast
Wetter windiges Sommerwetter; eher kühl;  nachmittags heftiges Gewitter
Entfernung 53 km 
Übernachtung Hotel Petris Garten, Langestr. 1;17438 Wolgast; Tel.:03836 / 237735

Ankunft in Stralsund   Stralsunds Rathaus  auf dem Marktplatz in Stralsund   vor dem Rathaus in Stralsund

Der Intercity nach Rügen bringt uns pünktlich nach Stralsund. Dort reicht die Zeit für eine kurze Stadtbefahrung, bevor uns die Usedomer-Bäderbahn (UBB) nach Greifswald bringt. Die historischen Altstädte von Stralsund und Wismar gehören als herausragende Beispiele mittelalterlicher Ostsee-Hansestädte seit 2002 zum Weltkulturerbe. Seit der Wende ist hier schon viel wieder aufgebaut worden, so ganz sind die fünf Jahre aber noch immer nicht vorbei. Alles blüht noch nicht.

Marktplatz in Greifswald   Backsteingotik in Greifwald   wir verlassen Greifswald entlang des Ryck

In Greifswald angekommen ist es mittlerweile fast 16 Uhr. Wir haben noch fünfzig Kilometer vor uns. Es drängt uns auf die Räder. So bleibt es bei einem kleinen Eindruck von der hier noch reichlich erhaltenen „Backsteingotik“ am Marktplatz. Wir verlassen die Stadt entlang des Ryck, eines kurzen Flüsschens, der am nördlichen Stadtrand entlang in den Greifswalder Bodden bzw. die Ostsee fließt.

Blick über den Greifswalder Bodden    wir stehen unmittelbar an der Steilküste des Greifswalder Bodden Restaurant Boddenblick

An der Mündung halten wir uns rechts und erreichen bald Kemnitz. Bei seitlichem Rückenwind sind wir schnell unterwegs. Hinter Ludwigsburg fahren wir einige Zeit unmittelbar an der Ostsee-Steilküste entlang, immer mit Blick über den Bodden und auf schnell näher kommende Gewitterwolken. Wir sind froh, in Gahlkow-Siedlung im Hotel und Restaurant Boddenblick dem folgenden Gewitterspektakel bei Kaffee und Weizen zusehen zu können. Es schüttet heftig. Der Spuk ist aber nach einer halben Stunde vorbei und die schnelle Fahrt geht weiter nach Lubmin entlang des riesigen Areals des ehemaligen Kernkraftwerkes Nord (größtes ehemaliges DDR-AKW) fahren, das seit Mitte der 90er Jahre mit Milliardenaufwand abgerissen wird.

Hotel Petris Garten in Wolgaast

Der nächste Ort Freest liegt bereits am Peenestrom vis-a-vis Peenemünde. Die letzten Kilometer über Kröslin bis Wolgast sind ein erster Vorgeschmack auf die sich häufenden Geschwindigkeitsrausche der nächsten Tage. Unser vorgebuchtes Hotel in Wolgast erweist sich als Glückstreffer. Wir wohnen in einem der ältesten Häuser der Stadt, aufwändig renoviert und mit eine Gewölbehalle als Eingangsbereich. Auch das Essen im Hotel-Restaurant schmeckt. Beim abendlichen Verdauungsspaziergang erweist sich die gut erhaltene und inzwischen weitgehend sanierte mittelalterliche Innenstadt als durchaus sehenswert.

 

2. Tag Donnerstag, 14. August
Strecke Wolgast – ZinnowitzKoserowBansinHeringsdorfAhlbeckKamminkeUeckermünde 
Wetter stark windig; sonnig
Entfernung 54 km 
Übernachtung Hotel Am Markt & Brauhaus Stadtkrug, Markt 3/4, 17373 Ueckermünde, 237 Euro

Heute befahren wir den deutschen Teil der Ostseeinsel Usedom. Wir erreichen die Insel über die Peenebrücke bei Wolgast. Sie ist eine von zwei Brückenverbindungen auf die Insel.

Usedom ist Deutschlands zweitgrößte Insel und hat eine Fläche von etwa 445 Quadratkilometer, wovon ein knappes Viertel zu Polen gehören.
An der 40 Kilometer langen Außenküste befindet sich ein weißer, steinfreier Sandstrand. Wunderschöne Strandpromenaden, weiß strahlende Bäderarchitektur und Seebrücken säumen den Strand zur Ostsee hin. Die höchste Erhebung der Insel mit 69 Metern ist der Golm bei Kamminke. Die schmalste Stelle befindet sich bei Lüttenort, nahe Koserow, dort ist die Insel nur ca. 330 Meter breit.

Abfahrt am Morgen vor unserem Hotel in Wolgast, Petris Garten   Peenestrombrücke in Wolgast   Zugang zum Ostseestrand irgendwo vor Zinnowitz   Bäderarchitektur in Zinnowitz

Auf kürzestem Wege queren wir die Insel und erreichen bei Trassenheide die Ostseeküste. Von jetzt an führt uns der Radweg immer sehr küstennah und meistens durch Wald oder über Schutzdeiche durch die Usedomer Badeorte. Wir beginnen mit Zinnowitz und seiner Seebrücke. Im Verlaufe des Tages werden noch einige weitere Seebrücken folgen.

Blick aus die Ostsee bei Koserow   auf dem 60 m hohen Streckelsberg bei Koserow

Wir sind alle überrascht von den anspruchsvollen zwar kurzen aber harten Steigungen, die wir immer wieder zu bewältigen haben. In Erinnerung bleibt eine Rampe mit sage uns schreibe 16 Prozent. Oben angekommen erhalten wir erstmalig in all den Radtourjahren offenen Applaus von Spaziergängern am Straßenrand. Ein Vater zu seinem Sohn: „Schau die die älteren Herren an, wie die da hochfahren, sogar mit Gepäck.“ Zwischen Ückeritz und Bansin fahren wir endlos durch einen Wald-Campingplatz. Der Platz erstreckt sich ca. 4,5 km entlang der Ostseeküste im bzw. unmittelbar hinter dem Küstenschutzwald. Hier machen wir in einer heruntergekommenen Camping-Gastronomie Mittagspause.

Dreikaiserbad Bansin   an der Seebrücke in Bansin

In Bansin hat sich Felix mit seiner Schwiegermutter in spe verabredet. Das gibt dem Rest Gelegenheit auf eine weitere ausgedehnte Pause. Bansin, Heringsdorf und Ahlbeck sind entlang der beinahe endlosen Strandpromenade zusammengewachsen und bilden seit 2005 auch eine Gemeinde. Überall eindrucksvolle Beispiele der Bäderarchitektur. Überall Menschenmassen, die sich am Strand und auf den Promenaden tummeln. Im August ist hier touristische Hochzeit.

Seebrücke in Ahlbeck   Blick auf Kamminke am Stettiner Haff   steile Dorfstraße in Kamminke hinunter zum Haff   unser Fährschiff über das Stettiner Haff

In Ahlbeck verlassen wir die Ostseeküste und wenden uns landeinwärts in Richtung Stettiner Haff. Der Kontrast könnte kaum größer sein. Nach dem Trubel der Bäder empfangen uns direkt hinter dem Ortsausgang einsame Wälder und Heideflächen. Bis Kamminke ist es nicht weit. Hier in diesem beschaulichen alten Fischerdörfchen am Haff unmittelbar an der polnischen Grenze wollen wir die Fähre nach Ueckermünde nehmen. Es geht in steiler Abfahrt durch den Ort zum kleinen Hafen. Wir müssen lange resp. einige Biere auf unser Schiff warten. Es ist viel kleiner als wir erwartet haben und schlingert ordentlich mit den Wellen. Ueckermünde liegt nicht direkt am Haff, sondern ein Stück die Uecker aufwärts im Landesinneren.

   Überfahrt übers Stettiner Haff   Überfahrt über das Stettiner Haff nach Ueckermünde   bewachsene Uferbefestigungen an der Uecker   Marktplatz von Ueckermünde   Hafen von Ueckermünde

Die kleine Stadt Ueckermünde liegt verträumt und sanft eingebettet zwischen der Ueckermünder Heide und dem Stettiner Haff weit im Osten Mecklenburg-Vorpommerns und hat ca. 10.500 Einwohner. Ueckermünde ist ein idealer Ausgangspunkt für Ausflüge nach Stettin, Swinemünde, Pasewalk oder auf die Insel Usedom. Täglich verkehren zu den genannten Zielen Fahrgastschiffe. Der Name „Ueckermünde“ leitet sich vom Fluss Uecker ab, der hier in das Stettiner Haff hineinfließt und dieser wiederum vom Namen des slawischen Stammes der Ukrer, die einst hier siedelten.

Wir essen abends griechisch und genießen den Sommerabend bei einem ausgedehnten Stadtbummel.

 

3. Tag Freitag, 15. August
Strecke Ueckermünde – LöcknitzPenkun – Mescherin
Wetter bewölkt, kühl, überwiegend Rückenwind, nachmittags leichter Regen
Entfernung 106 km 
Übernachtung Dorotheenhof Mescherin, Untere Dorfstraße 16 16307 Mescherin, 255 Euro

in Hintersee verlassen wir die Trasse der Ramdower Kleinbahn   Ortsdurchfahrt durch Pampow, oder war es Blankensee?

Am Morgen geht es zunächst in östliche Richtung, bis wir bei Rieth am Neuwarper See (einem Zipfel des Stettiner Haffs) wieder sehr nahe an der polnischen Grenze sind. Von hier bis Hintersee befahren wir die 1993 zum Fahrradweg ausgebaute Trasse der ehemaligen Randower Kleinbahn, die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts Stettin mit der Ostsee verband. Hier im östlichen Zipfel Vorpommerns ist nicht viel von Aufbruchstimmung zu spüren. Der Kontrast zu den touristischen Massen auf Usedom könnte nicht größer sein.

Wir sind heute sehr schnell unterwegs. Der Rückenwind und die perfekt ausgebauten Radwege lassen so was wie Geschwindigkeitsrausch aufkommen. Am Ende des Tages werden wir mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 21,6 km/h wahrscheinlich einen Alljahresrekord aufgestellt haben. Bremsen können uns heute nur die Ortsdurchfahrten mit mit häufig grausamer Kopfsteinbepflasterung und Karl, der versucht, Peters Rolle als Entschleuniger zu übernehmen. Allerdings muss er schon Knieprobleme anführen, um Gehör zu finden.

Mittagsrast in Löcknitz im Haus am See   Tausendjährige Eiche von Löcknitz   Löcknitzer Eiche

In Löcknitz am Löcknitzer See finden wir das Haus am See für einen Mittagsimbiss. Der weitere Weg führt uns nördlich um den See herum vorbei am Wahrzeichen von Löcknitz. einer tausendjährigen Eiche, die allerdings schon bis zur Unansehnlichkeit saniert ist.

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Kircheninneres in Penkun   Café in Penkun   Polnische Grenze bei Mescherin an der Oder   Blick auf den Dorotheenhof vom Odersteg

Unser geplantes Tagesziel Penkun erreichen wir bereits um 15 Uhr. So beschränken wir uns hier auf eine kurze Kirchenbesichtigung und ein Stück Kuchen in einem Cafe, das sich noch seinen DDR-Charme erhalten hat. Penkun ist mit knapp 1.200 Einwohnern die kleinste Stadt Mecklenburg-Vorpommerns und ist von sieben eiszeitlichen Seen umgeben.

Fuhren wir am Vormittag durch eine sehr waldreiche Region, so hat sich das Bild seit Löcknitz zu einer offenen und hügeligen, stark landwirtschaftlich geprägten Landschaft gewandelt. Kurz hinter Penkun überfahren wir die Landesgrenze nach Brandenburg. Das Wetter wird immer unangenehmer. Bis zur Oder wollen wir aber durchhalten. Irgendeine Übernachtungsmöglichkeit auf dem Weg dahin scheint es aber sowieso nicht zu geben. Kurz vor Mescherin stehen wir unmittelbar an der polnischen Grenze. Wir erlauben uns einen symbolischen Grenzübertritt. In Mescherin haben wir Glück. Wir finden auf Anhieb einen Bauernhof mit Ferienwohnungen, den Dorotheenhof. Er liegt direkt an der Oder und hat noch eine Wohnung mit ausreichend Betten für uns zu vergeben. Es hört am Abend nicht mehr auf zu regnen. So endet er in der zum Hof gehörenden Kutscherkneipe mit deftiger Landkost und reichlich Bier. Ein Einzelfahrer, der Herr Fink aus Neuss (ein gebürtiger Magdeburger), der hier ebenfalls übernachtet, wittert die Chance auf einen geselligen Abend und macht bei uns am Tisch den Alleinunterhalter.

 

4. Tag Samstag, 16. August
Strecke MescherinGartzSchwedtStolpeLunowHohenwutzenKienitz 
Wetter Kühl, besonders am Morgen regnerisch; Rückenwind
Entfernung 102 km 
Übernachtung Landherberge Verein „Rehkitz“ Kienitz e.V., Schulstraße 16, OT Kienitz, 15324 Letschin, 160,00 Euro

Gartz Rathaus und Stadttor   Kirchenruine in Gartz   Gruppenbild in Schwedt

Der Morgen beginnt mit einem üppigen Frühstück auf dem Dorotheenhof. Der Regen vom Vorabend ist noch immer nicht beendet. Bis nach Gartz, dem Ziel unserer ersten Etappe, fahren wir im Regenzeug. Wegen des Regens bleibt es bei einer  Begehung der Kirchenruine mitten im Städtchen und einiger Blicke auf erhaltene Stadtmauerreste.

Gartz (Oder) mit seinen 2.000 Einwohnern liegt inmitten einer Endmoränenlandschaft im Nationalpark Unteres Odertal, 30 km südlich von Stettin. Die Stadt liegt an der West-Oder. 1249 erhielt der Ort durch den Pommernherzog Barnim I. das Stadtrecht verliehen. Die historische und strategische Bedeutung, welche die Stadt im Mittelalter hatte wird durch die im nördlichen Teil erhaltene Stadtmauer und zahlreiche Gebäude aus dieser Zeit deutlich. Gartz hat sich sein mittelalterliches Flair ein wenig erhalten. Die teilweise wieder aufgebaute St. Stephanskirche beherrscht das Ortszentrum. Nach Kriegszerstörungen 1945 wurden der Chor und das Querhaus wiederaufgebaut. Das Langhaus wurde als nicht überdachte Ruine gesichert und dient heute als Atrium.

Der Oderradweg bleibt perfekt ausgebaut heute. Überwiegend auf der Deichkrone fahren wir entweder entlang der Oder flussaufwärts. Oder wir fahren entlang der Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße (der Kanal wurde Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut), die zwischen Gartz und Hohenwutzen die westliche Begrenzung des Nationalparks Unteres Odertal bildet. Neben der noch sehr ursprünglichen Flusslandschaft bietet die Strecke wenige zivilisatorische Höhepunkte. So sind wir den ganzen Tag über wieder sehr schnell unterwegs. Auf unseren neuen Freund aus Neuss treffen wir einige Male heute. Wir fahren zwar schneller als er, dafür macht er aber wohl weniger Pausen.

Wir erreichen Schwedt, mit seinen 37.000 Einwohnern die größte Stadt der Uckermark und mit seiner Petrochemie und zwei Papierfabriken der größte Industriestandort Brandenburgs. Das riecht man deutlich. Wir fahren ohne Besichtigung weiter. Hinter Schwedt passieren wir das auf der anderen Kanalseite gelegene Schloss Criewen. Das barocke Schloss gehörte der Familie von Arnim und dient heute als Deutsch-Polnisches Begegnungszentrum.

Grützputt in Stolpe   Blick auf Stolpe und die Oder von der Turmburg aus  Pause in Stolpe in der Kneipe Zum Grützpott

Längere Pause ist in Stolpe. Markanter Blickpunkt ist der oberhalb des Ortes aufragende „Grützpott„, die Ruine eines der stärksten Burgfriede Deutschlands mit fünf Metern Mauerstärke. Von dort oben haben wir einen weiten Blick über die Oderlandschaft. Zum Grützpott heißt auch die Dorfkneipe, die wir uns für unsere Rast aussuchen.

Hohenwutzen hat mit der Oderbrücke einen Grenzübergang nach Polen. Es herrscht reger Grenzverkehr. Wer nicht nach Polen will, besucht den Bratwurstbrater an der Brücke. Wir auch. Von den nächsten 30 Kilometern bis Kienitz ist wenig zu berichten. Das Oderbruchgebiet ist hier sehr dünn besiedelt. Das Gasthaus Zollbrücke direkt am Deich (man könnte auch sagen, am Ende der Welt) an der letzten Deichscharte im Oderbruchgebiet ist da schon eine Attraktion. Kurz vor Kienitz passieren wir in Groß Neuendorf den alten Hafen. Das dortige denkmalgeschützte Maschinenhaus ist aufwändig restauriert und zu einem Hotel ausgebaut worden.

immer an der Oder entlang   Russisches Ehrenmal (T34-Panzer) in Kienitz   Herberge "Rehkitz" in Kienitz

In Kienitz fahren wir den Gasthof „Zum Hafen“ an. Die wenigen Zimmer dort sind längst ausgebucht. Die freundliche Wirtin berät sich mit uns wegen Übernachtungsalternativen. Viel Hoffnung macht sie uns nicht, in der Nähe unter zu kommen. Bis sie die Idee hat, die Vereinsvorsitzende des örtlichen Vereins „Rehkitz“ Kienitz e.V. anzurufen. Dieser Verein hat die ehemalige Volksschule des Ortes zu einem Ferienhaus für Kinder und Jugendliche (und Biker) umgebaut. Die Aussicht, auf sechs zahlende Kunden überzeugt sie, das Haus für uns zu öffnen. So kommen wir an diesem Abend zu einer außergewöhnlichen Unterkunft. Unsere Vermieterin stellt uns sogar eine Kiste Bier in den Aufenthaltsraum. Christian übernimmt sogleich die Planung und Durchführung der Kühlung. Nach einem leckeren Abendessen in der Hafenkneipe und einem Spaziergang durch den Ort sind wir bald wieder in unserer Schule. Vorher aber bewundern wir noch ein merkwürdiges Denkmal mitten im Ort. Ein alter russischer T34-Panzer steht da seit 1970 in einer mehr oder weniger gepflegten Anlage. Er soll an die Zeit vor 60 Jahren erinnern, als hier in Kienitz die Russen ihren ersten Brückenkopf über die Oder errichteten.

gedenktext

 

5. Tag Sonntag, 17. August
Strecke Kienitz – Letschin – NeuhardenbergBuckowStrausbergBernauWandlitz
Wetter morgens Gegenwind; tagsüber immer wieder starke Regenschauer; am Abend traumhaftes Sommerwetter
Entfernung 110 km 
Übernachtung Hotel Seeterrassen, Thälmannstraße 93, 16348 Wandlitz, 237,00 Euro

Neuhardenberg in der Märkischen Schweiz   Schloss Hardenberg

Heute verlassen wir die Oder. Es geht Richtung Berlin. Das Wetter meint es nicht gut mit uns heute. Wir durchqueren den Oderbruch und sind schon bald in Neuhardenberg, der „Perle des Oderbruchs“ oder auch dem klassizistischen Tor zum Naturpark Märkische Schweiz.

Der Ort hat in den letzten 200 Jahren gleich vier mal den Namen gewechselt. Bis 1815 heißt er Quilitz. Während des Wiener Kongresses 1814 wird er von König Friedrich Wilhelm III. an den Staatskanzler Fürst Karl August von Hardenberg verschenkt. Der sorgt für die Umbenennung in Neu-Hardenberg. Der Architekt Karl Friedrich Schinkel (Schloss und Kirche)  und Joseph Peter Lenné (Schlosspark) sorgen bis heute für ein historisches Stadtbild als Gesamtkunstwerk. In der DDR-Zeit hört das Städtchen auf den Namen Marxwalde, bevor es 1990 nach der Wende seinen alten Namen zurückbekommt und jetzt Neuhardenberg heißt. Neuhardenberg ist heute mit der Stiftung Schloss Hardenberg kultureller Mittelpunkt der Region.

Buckelpiste vor Bukow   Waldgaststätte vor Buckow   Waldrestaurant mit urigem Spielplatz vor Buckow

Die Märkische Schweiz erleben wir als wald- und wasserreiches sanft hügeliges Gebiet mit dem Hauptort Buckow am Schermützelsee. Wegen des Regens können wir die sicherlich vorhandene  Schönheit der Gegend nicht richtig genießen. Vor Buckow kehren wir in einen urigen Waldgasthof auf ein warmes Süppchen ein.

Unser nächstes Ziel ist Strausberg am Straussee. Hier ist Mittagspause, für die Mehrzahl mit einem Wildschweinbraten. Aus Strausberg heraus den richtigen Weg zu finden, gestaltet sich ein wenig mühselig. Aber auf Felix ist wieder einmal Verlass. Er führt uns durch ein weiteres ausgedehntes Waldgebiet bis zum winzigen Dörfchen Wesendahl. Von hier bis zum nächsten Ort Werneuchen passieren wir das größte Feld unserer Tour. Auf sicherlich fünf Kilometer Länge erstreckt sich der riesige Acker zu unserer Linken. In Werneuchen scheint die Sonne und wir nehmen uns die Zeit für ein Eis.

Es ist jetzt nicht mehr weit bis Bernau. Hier wollen wir übernachten. Das Städtchen gefällt und ein erstes Bier dort schmeckt auch. Drei Zimmer sind jedoch nicht aufzutreiben. Wir sind ein wenig ratlos. Eine Idee ist, noch zehn Kilometer weiter nach Wandlitz zu fahren. Um das Risiko einer weiteren vergeblichen Zimmersuche auszuschließen, recherchiert Ramona im fernen Münster für uns im Internet die Übernachtungsmöglichkeiten in Wandlitz und kann uns schon nach zehn Minuten drei gebuchte Zimmer im Hotel Seeterrassen präsentieren. Die Fahrt dahin durch die Bernauer Heide (trotz des Namens ein Waldgebiet) wird zum sportlichen Höhepunkt des Tages. Für Karl fahren wir wieder viel zu schnell.

Hotel Seeterrassen am Wandlitzer See   abendlicher Blick auf den Wandlitzer See

Das Hotel liegt malerisch direkt am Wandlitzer See mit Komfortzimmern, einer feinen Küche und mit einer überdachten Sommerterrasse, die wir exklusiv als größten Fahrradgarage, die wir je hatten, benutzen dürfen. Der See lädt die meisten noch vor dem Abendessen  zu einem ausgiebigen Bad ein.

Bekannt wurde Wandlitz zu DDR-Zeiten durch die zwischen Wandlitz und Bernau gelegene Waldsiedlung, in der die Mitglieder des Politbüros des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), unter anderem Walter Ulbricht und später Günter Mittag, Erich Honecker und andere wohnhaft waren. Das militärisch streng abgeschottete Objekt lag abseits sonstiger Besiedlung und war mit einer eigenen Fernverkehrsstraße mit der Autobahn verbunden. Die Waldsiedlung wurde nach Beendigung der ursprünglichen Nutzung in den 1990er-Jahren zu einer Reha-Einrichtung umgestaltet (Brandenburg-Klinik). Aufgrund der Staatskarossen des schwedischen Autobauers Volvo wurde die Waldsiedlung beziehungsweise Wandlitz zu DDR-Zeiten im Volksmund in Anspielung auf Wolgograd „Volvograd“ genannt.

 

 

6. Tag Montag, 18. August
Strecke Wandlitz – Berlin – Münster
Wetter kühl und regnerisch
Entfernung 45 km 
Übernachtung

Hackesche Höfe   Rast am Hackeschen Markt in Berlin   Karl an der Spree   Felix an der Spree

Der letzte Tag beginnt wieder regnerisch. Ein wenig graut uns vor der Fahrt mit dem Fahrrad in die Hauptstadt hinein. Es dauert mehr als 20 Kilometer, bis wir den Stadtrand von Berlin erreichen. Und von dort haben wir das große Glück auf die Panke zu stoßen. Die Panke ist ein nicht einmal 30 Kilometer langes Nebenflüsschen der Spree, die von Bernau hinein nach Berlin fließt und nahe des neuen Hauptbahnhofes mündet. Entlang dieser Panke gelingt es Felix, uns nahezu verkehrsfrei und zumeist überwiegend grün mitten hinein in die Großstadt zu bringen.

Entlang der Spree, vorbei an der Museumsinsel erreichen wir Berlin Mitte und machen Mittagsrast in der Nähe der Hackeschen Höfe. Anschließend müssen wir noch einige Kilometer hinein in den ehemaligen Ostteil der Stadt zum Ostbahnhof, von wo ein Intercity nach Münster bringen soll. Die letzte Stunde vor der Abfahrt verbringt jeder auf seine Art.

In weniger als vier Stunden sind wir in Münster, wo wir gegen 18:30 Uhr ankommen.