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Durch Hessens Süden über die Rhön an die Werra und vorbei an Kassel nach Warburg zum Zug.
Gesamtstrecke 402 Kilometer; Komplettbesetzung; Helmverhältnis 3:4; Peters E-Bike-Premiere
Fahrradkarten: ADFC-Radtourenkarte: Rhein/Main Nordhessen, 1:150.000 ADFC-Regionalkarte: Rhön, 1:75.000 ADFC-Regionalkarte: Kassel Nordhessen, 1:75.000
1. Tag | Mittwoch 17. Juni |
Strecke | Frankfurt – Offenbach – Mühlheim – Hanau – Erlensee – Langenselbold – Gelnhausen – Wächtersbach |
Wetter | sonnig, angenehme Temperatur |
Tourdaten | 68 km |
Übernachtung | Hotel zum Erbprinzen, Friedrich-Wilhelm-Str. 14, 63607 Wächtersbach, Tel.: 06053 5055; www.hotel-zum-erbprinzen.de; 226 Euro |
Die DB schafft es erst bis kurz vor 15 Uhr, uns nach Frankfurt zu bringen. Vom Hauptbahnhof sind es nur wenige hundert Meter bis zum Main, den wir über die Friedensbrücke queren. Immer auf dem Uferweg lassen wir die Großstadt schnell hinter uns. Wir passieren die EZB, den neu erbauten Tempel der europäischen Finanzen. Zwischen Offenbach und Mühlheim am Rumpenheimer Schloss wechseln wir mit der Mainfähre Rumpenheim wieder die Mainseite.
In Hanau verlassen wir bei der Mündung der Kinzig den Main. Die Kinzig wird bis zum nächsten Vormittag unser Begleiter sein. Östlich von Hanau durchfahren wir die Bulau. Dieses Waldgebiet wurde früher von der US Army als Übungsgebiet verwendet und ist daher noch sehr naturbelassen. Am Vereinsheim des Rückinger Kleintierzuchtvereins in Erlensee machen wir Pause. Weiter geht es vorbei an Langenselbold und an der A66 entlang nach Gelnhausen. Bei den Überlegungen, hier zu übernachten, entscheiden wir uns fürs Weiterfahren. Dabei wäre die Barbarossastadt mit seiner liebevoll restaurierten Altstadt durchaus sehenswert gewesen. Die Stadtgeschichte beginnt im 12. Jahrhundert mit der Errichtung einer Kaiserpfalz durch Barbarossa.
Auf schönen Wegen immer durchs Kinzigtal fahren wir noch 12 Kilometer weiter bis Wächtersbach. Wir kommen im Hotel zum Erbprinzen unter. Das Abendessen genießen wir im schönen Biergarten. Bei einem kleinen Spaziergang müssen wir feststellen, dass der ganze Ort wie verlassen wirkt. Öffentliches Leben gibt es an diesem Abend nur in unserer Herberge, die wir auch schnell wieder aufsuchen um noch an letzte Biere zu kommen.
2. Tag | Donnerstag, 18. Juni |
Strecke | Wächtersbach – Bad Soden-Salmünster – Steinau an der Straße – Schlüchtern – Flieden – Fulda – Tann |
Wetter | am Vormittag ausdauernder starker Regen, nachmittags teilweise sonnig, kühl |
Tourdaten | 102 km |
Übernachtung | Gasthof zur Krone, Am Stadttor 2, 36142 Tann/Rhön, Tel.: 06682 213, www.krone-tann.de, 250 Euro |
Heute ist Christians Geburtstag, gut für ein Ständchen und ein Bier am Abend. Den Vormittag verbringen wir überwiegend im Regenzeug. Nach dem Aufbruch in Wächtersbach sind wir schon nach wenigen Kilometern in Bad Soden-Salmünster. Der R3 führt uns genau zwischen den beiden Stadtteilen hindurch. Hinter Bad Soden queren wir die A66, passieren den Kinzig-Stausee und erreichen Steinau an der Straße. Der Zusatz „an der Straße“ bezieht sich auf die Via Regia, die alte Handelsstraße von Frankfurt nach Leipzig. Steinau nennt sich auch Brüder-Grimm-Stadt, weil diese hier einen Teil ihrer Jugend verbrachten. Steinau bietet einen historischen Stadtkern mit zahlreichen Gässchen und vielen gut erhaltenen Fachwerkbauten. Zentrum des Ortes ist das Schloss Steinau, die älteste, größte und am besten erhaltene Schlossanlage der Frührenaissance in Hessen.
Weiter geht es durch Wiesen und Felder des Kinzigtals nach Schlüchtern. Hier verlassen wir die Kinzig. Vor uns liegt ein erster schon zur Vorderrhön gehörender Bergrücken, der uns 150 Höhenmeter abverlangt. Anschließend geht es leicht hügelig weiter über Flieden, wo wir ausgiebige Rast machen. Auf dem weiteren Weg nach Fulda bei Neuhof erscheint zur Linken ein erster „Monte Kali“ halb in den Wolken versteckt. Fulda als alte Barock- und Bischofsstadt mit Dom und Stadtschloss ist eine Pause wert. Eine Stunde hat hier jeder Zeit, für sich die Stadt zu erkunden oder auch nur einen Kaffee zu trinken.

Kurz hinter Fulda soll uns eine alte Bahntrasse ohne große Mühen die Rhön hoch leiten. Noch bevor wir die Trasse erreichen, fahren wir irrtümlich rechts und quälen uns dadurch völlig ohne Notwendigkeit nach Petersberg hoch. Immerhin gibt es dort oben die Grabeskirche der Hl. Lioba. Es ist von da ein mühseliger und verkehrsreicher Weg, bis wir endlich bei Niederbieber auf die Bahntrasse stoßen. Darauf geht es dann stetig bergauf für die nächsten 15 Kilometer bis zum Milseburg-Tunnel. Der Tunnel ist 1.173 Meter lang und von Mitte April bis Ende Oktober für den Fahrradverkehr geöffnet (mit Beleuchtung). In der übrigen Zeit ist er Ruheort für Fledermäuse. Durch den Tunnel haben wir uns reichlich 100 Höhenmeter erspart. Am Tunnelausgang machen wir Pause im Cafe des dortigen Honigkuchen- und Wachsmuseums. Beinahe müssen wir uns entschuldigen, dass wir die mürrische Bedienung um seine Ruhe bringen.
Jetzt geht es nur noch bergab nach Tann, wo wir noch vor 18 Uhr ankommen, im Gasthof zur Krone unterkommen und im benachbarten Cafe Fabula unsere ersten Biere bekommen. Zum Gasthof gehört auch eine Metzgerei. Entsprechend deftig fällt das Abendessen aus.
3. Tag | Freitag, 19. Juni |
Strecke | Tann – Geisa – Buttlar – Philippsthal – Heringen – Dankmarshausen – Gerstungen – Lauchröden – Wartha – Hörschel – Creuzburg – Ifta – Ringgau |
Wetter | kühl aber trocken |
Tourdaten | 95 km |
Übernachtung | Landgasthof zur Untermühle, Dienstheim 1, 37296 Ringgau-Röhrda, Tel.: 05659 – 71 72, www.zur-untermuehle.de , 220 Euro |
Der Morgen beginnt mit einer schnellen Fahrt durchs Ulstertal der Werra entgegen. Bereits kurz hinter Tann passieren wir zum ersten Mal die hessisch-thüringische Landesgrenze. Das wird sich im Laufe des Tages noch einige Male wiederholen. Von Geisa erhaschen wir nur einen Blick auf die Stadt hoch über der Ulster. Uns entgehen ein stimmungsvoller Marktplatz und die Gedenkstätte Point Alpha. Hier standen sich vier Jahrzehnte lang NATO und Warschauer Pakt direkt mit ihren Horchposten gegenüber und hier wird zwei Tage später unser Finanzminister Schäuble den Point-Alpha-Preis 2015 für seine Verdienste um die deutsche und europäische Einheit entgegennehmen.
Bei Philippsthal erreichen wir die Werra. Hier ist die Kali-Abraumhalde Hattorf für längere Zeit unser landschaftsprägender Begleiter, bevor uns bei Heringen die dritte und letzte Abraumhalde unserer Tour, der Kalimandscharo, beeindruckt. Das zugehörige Bergwerk ist heute das größte Kaliabbaugebiet der Welt und hat etwa die Abbaufläche des Großraumes Münchens. Was verwundert ist die Tatsache, dass die beiden Halden, denen wir begegnen, auf hessischem Gebiet liegen. Dabei war es doch angeblich nur die DDR, die die Werra mit ihren Kalibergwerken versalzen hat.
In Heringen ist Zeit für eine Kaffeepause. Auf der Weiterfahrt geht es kurz über einen Holzbohlenweg durch das Naturschutzgebiet „Rohrlache„, bevor wir das thüringische Gerstungen erreichen. Im Ortsteil Untersuhl kommen wir an einer interessanten Rundkirche vorbei.
Hinter Gerstungen grüßt hoch über Lauchröden die Burgruine Brandenburg aus dem 12. Jahrhundert. Bei Hörschel unterfahren wir die Autobahnbrücke der A4 über die Werra. Eisenach und die Wartburg sind ganz nah. In Hörschel beginnt auch ganz offiziell der Rennsteig über den Thüringer Wald. Die letzten Kilometer entlang der Werra führen uns noch bis Creuzburg. Kurz vorher machen wir noch einmal Rast im Stiftsgut Wilhelmsglücksbrunn, seit der ersten Erwähnung 1426 bis Mitte des 19. Jahrhunderts Saline, danach Kurbad und nach der Wende Bioland-Hof. Hier hat sogar einmal unser großer Dichterfürst Goethe logiert. Vor Creuzburg imponiert eine alte Steinbrücke aus dem 13. Jahrhundert mit zugehöriger Brückenkapelle. Oberhalb der Stadt liegt die Burg Creuzburg, die auch als Schwesterburg der Wartburg bekannt ist.
Hier in Creuzburg verlassen wir die Werra. Es geht jetzt nord-westwärts durch den Ringgau, einem zwischen Meißner und Thüringer Wald gelegenem Hochplateau, kulinarisch bekannt als Wurstparadies. Vor Lüderbach fällt uns zur Rechten ein merkwürdiges Bauwerk auf einem Hügel auf. Es handelt sich hierbei um die Grabpyramide derer von Capellan aus dem Jahr 1776, in der die letzten Mitglieder der Familie begraben sind.
Mittlerweile machen wir uns einige Gedanken, wo wir eine Unterkunft für die Nacht bekommen. Die Suche endet in Röhrda, einem kleinen Ort, der mit sechs weiteren Orten zur Gemeinde Ringgau gehört. Hier finden wir passend vor dem ersten Abendregen eine hervorragende Unterkunft im Landgasthof zur Untermühle mit einer ausgezeichneten Küche. Den Abend beschließen wir mit einem ausgiebigen Spaziergang durchs Dorf, das als Mühlendorf bekannt war. Sein Wasserreichtum machte es möglich, dass über Jahrhunderte bis zu acht Wassermühlen betrieben werden konnten.
4. Tag | Samstag, 20. Juni |
Strecke | Röhrda – Datterode – Wichmannshausen – Waldkappel – Hessisch-Lichtenau – Rommerode – Friedrichsbrück – Helsa – Kaufungen – Niestetal – Spiekershausen – Wahnhausen – Holzhausen – Immenhausen – Grebenstein – Hofgeismar |
Wetter | morgens Schauer, kalt |
Tourdaten | 98 km |
Übernachtung | Hotel zum alten Brauhaus, Marktstr. 12, 34369 Hofgeismar, Tel.: 05671 30 81, www.zumaltenbrauhaus.de, 296 Euro |
Der Morgen startet ungemütlich mit viel Regen und unanständiger Kälte. Bis Kassel fahren wir stets in der Nähe der Neubaustrecke der A44, die in der Euphorie der Wendezeit beschlossen sich immer mehr zu einem ökonomischen und ökologischen Wahnsinn mausert. Die Fahrt geht zügig durch das Osthessische Bergland entlang kleiner Flüsse, zunächst der Netra und der Sontra und dann der Wehre.
In Walburg kurz vor Hessisch Lichtenau wird die Wegführung unübersichtlich. Wir verlassen ungewollt die geplante Wegführung und fahren stetig bergauf in den Naturpark Meissner-Kaufunger Wald bis Rommerode. Hier gibt es einige Diskussionen über den weiteren Tourverlauf. Wir entscheiden uns für den kürzesten Weg nach Helsa. Das bedeutet nach dem Ortsende nochmals einen recht heftigen Anstieg bis Friedrichsbrück. Von da geht es in steiler Schussfahrt mehr als sechs Kilometer durch den Wald direkt nach Helsa, einem typisch hessischen Fachwerkstädtchen. Es ist bitterkalt auf dem Rad. Unten angekommen haben wir uns eine Aufwärmpause verdient.
Über Kaufungen, Heiligenrode geht es weiter nach Sandershausen, wo wir die Fulda erreichen. Immer wieder haben wir einen Blick auf Kassel, das wir aber weiträumig umfahren. Für einige Kilometer bleiben wir an der Fulda, bis wir bei Wahnhausen über die Fulda-Staustufe die Flussseite wechseln. Für Jürgen heißt das gleichzeitig Kettenwechsel und der geht so: Den kurzen aber steilen Anstieg auf die Staustufe will er in seiner unnachahmlichen Manier durch schiere Kraft bewältigen. Er übertreibt und die Kette reißt. Was macht man dann an einem Samstagnachmittag fernab jeder größeren Ansiedlung? Karl fragt einfach den nächstbesten Radler, der sich ebenfalls die Fulda von oben anschaut. Und der hat tatsächlich eine Ersatzkette dabei. Und es ist auch noch eine passende. Und er verkauft sie Jürgen bereitwillig. Und mit Christian haben wir einen erfahrenen Kettenwechsler dabei. Es dauert keine Stunde, bis wir weiterfahren können. So ein Pannenglück sollte man kein zweites Mal erwarten.
Von der Fulda nehmen wir noch eine große Schleife mit bis wir sie bei Knickhagen verlassen. Wir fahren jetzt durch weites offenes Hügelland, vor uns den Habichtswald und hinter uns im Osten den Reinhardswald. In Immenhausen starten wir den ersten Versuch des Tages, ein Quartier zu finden. Der Ort macht zwar einen netten Eindruck, außer einer Pension hinter dem Rathaus, die nicht einmal genügend Betten für uns hat, werden wir aber nicht fündig. Immerhin reicht es für eine Pause im Eiscafé an der Stadtmauer. Den nächsten Anlauf nehmen wir in Grebenstein. Dort gibt es zwar ein gediegenes Hotel die Deutsche Eiche, es gelingt aber nicht, irgendjemanden vom Personal zu finden. Es uns bald zu bunt und wir beschließen, noch bis Hofgeismar weiter zu fahren.
Die diesjährige Tour will Peter erstmalig mit einer kräftemäßigen Entlastung bewältigen. Er fährt elektrisch verstärkt mit einem schicken Simplon Kagu. Das hat eine deutliche Geschwindigkeitssteigerung für alle zur Folge gehabt. Für die letzten Kilometer bis Hofgeismar ist für Peter allerdings wieder das ungeliebte Quälen angesagt, da der Akku mittlerweile leer gefahren ist.
In der Fachwerk- und Dornröschenstadt Hofgeismar mit einer sehenswerten Altstadt nimmt uns das erste Hotel am Platze gerne auf. Zum Abend hin hat sich das Wetter deutlich gesteigert, so dass wir beim Abendspaziergang die letzten Sonnenstrahlen genießen können.
5. Tag | Sonntag, 21. Juni |
Strecke | Hofgeismar – Hümme – Liebenau – Warburg |
Wetter | kühl und trocken |
Tourdaten | 37 km |
Übernachtung |
Am Morgen geht es auf ruhigen Wirtschaftswegen durch das Tal der Esse nordwärts, bis wir bei Stammen in der Nähe von Trendelburg die Diemel erreichen. Eine Informationstafel berichtet vom Landgraf-Karl-Kanal, einer Anfang des 18. Jahrhunderts geplanten Kanalverbindung zwischen Weser und Rhein. Realisiert wurde aber nur die Strecke zwischen Bad Karlshafen an der Weser und Stammen, auf der man den Diemellauf nutzte und einiger neu angelegter Kilometer bis Hümme. Ein weiterer Ausbau scheiterte an den Kosten und an der geringen Auslastung.
Entlang der Diemel folgen wir dem Diemel-Radweg. Gegen elf Uhr kehren wir in Liebenau in den Ratskeller ein. Wir sind die einzigen Gäste. Liebenau liegt am Rand der Warburger Börde, einer durch den vorherrschenden Lößboden sehr fruchtbaren und schon immer intensiv landwirtschaftlichen Region zwischen dem Eggegebirge im Nordwesten und dem Hessischen Bergland im Süden.
Kurz vor Warburg grüßt aus der Ferne die Burgruine Desenberg, deren Anfänge möglicherweise bis ins achte Jahrhundert zurückreichen. Warburg verlangt uns noch einmal einen heftigen Aufstieg von der Diemel zum Bahnhof ab. Wir sind pünktlich da, müssen aber feststellen, dass die DB einen Umweg über Unna fahren muss. Trotzdem sind wir schon früh gegen 15 Uhr in Münster.