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Ostseeradweg von Stralsund bis Rostock; danach durch Mecklenburg zur Elbe, der wir bis Tangermünde folgen; von Stendal geht es mit der DB zurück nach Münster
Gesamtstrecke 430 Kilometer; Karl-Heinz muss auf der 34. Tour erstmals pausieren.
Fahrradkarten: bikeline Ostseeküsten-Radweg 1:75000; Ostseeküste,Rostock,Wismar, Kompass, 1:70000; bikeline Elberadweg – Teil 2, 1:75000
1. Tag | Mittwoch 28. Juni |
Strecke | Stralsund – Barth – Ostseebad Zingst |
Wetter | frisches Sommerwetter |
Tourdaten | 55 km |
Übernachtung | Haus 54, Hanshäger Str. 3a, 18374 Zingst Tel.: 038232 848484; www.haus54.de; ? Euro |




Um neun Uhr beginnt die IC-Fahrt nach Stralsund, wo wir um 14:30 Uhr ankommen. Die Stadt ist uns von der Usedom-Tour 2008 her bekannt. So starten wir ohne Verzögerung zunächst in nördliche Richtung, zwischen dem Moorteich und dem Knieperteich hindurch. Schon bald sind wir am Strelasund, der Rügen vom Festland trennt. In Ufernähe geht es über Parow nach Klausdorf am Prohner Wiek.



Ab hier wird es eine sehr schnelle Fahrt. Starker Ostwind treibt uns mit bis zu 40 km/h gen Westen. Im nächsten Ort Hohendorf verpassen wir das Schloss Hohendorf, einen klassizistischen Prachtbau aus dem 18. Jahrhundert, ganz in Weiß. Weiter geht es entlang des Grabower Boddens nach Barth. Bis hierher haben wir zwei Stunden benötigt. Im Hafen von Barth machen wir Pause. Das erste Bier schmeckt auf dem Fischräucherkutter MS Roland hervorragend. Auf dem Hafenplatz erinnert die Vinetasäule an die angeblich in einer Sturmnacht untergegangene Stadt Vineta. Historie und Lage der Stadt sind bis heute nicht zweifelsfrei geklärt. Der Sage nach soll der moralische Verfall der Stadt Grund für den Untergang sein: „Vineta, Vineta, du rieke Stadt, Vineta sall unnergahn, wieldeß se het väl Böses dahn“

Vorbei an Prüchten und Bresewitz erreichen wir die Meiningenbrücke. Die Meiningenbrücke ist eine Brücke über den Meiningenstrom, sie verbindet die Halbinsel Zingst mit dem Festland. Ursprünglich (sie wurde 1910 eingeweiht) war sie eine Eisenbahnbrücke mit einem Drehteil zum Passieren lassen von Schiffen. Seit einigen Jahren existiert neben ihr eine zweite Behelfsbrücke mit einem Hubteil. Vor diesem Hubteil müssen wir gefühlt lange Minuten warten, bis wir weiter radeln dürfen. Die alte Stahlbrücke soll durch einen leistungsfähigeren Neubau ersetzt werden, der dann auch eine Bahnverbindung nach Zingst möglich machen wird.


Hinter der Brücke sind es nur noch wenige Kilometer bis zum Ostseebad Zingst. Eher am Stadtrand finden wir unser vorgebuchtes Haus 54. Es erinnert ein wenig an eine Jugendherberge, kann uns aber mit dem Ankunftsbier beglücken. Für unser leibliches Wohl sorgt ein Fischrestaurant. Wir beschließen den Tag mit einem Besuch der Strandpromenade mit der Seebrücke. Bei der Fahrt zurück zum Hotel verblüfft Felix wieder einmal mit seinem ausgeprägten Orientierungssinn.
2. Tag | Donnerstag, 29. Juni |
Strecke | Zingst – Arenshoop – Dierhagen – Rostock – Schwaan – Bützow |
Wetter | zunehmend bewölkt; vor Rostock beginnt es zu regnen, inklusive eines Gewitters |
Tourdaten | 110 km |
Übernachtung | Hotel am Markt, Am Markt 11, 18246 Bützow; Tel.: 038461 56000; www.hotel-am-markt-buetzow.de; ? Euro |


Wir verlassen Zingst am Morgen entlang der Ostseeküste und sind schon bald im Ostseebad Prerow. Hier folgen wir nicht dem Ostsee-Radweg entlang des Boddens, sondern fahren mitten durch den Darßer Wald zur Westküste. Es sind sandreiche Wege durch den Wald. Quer durch den Darßwald von Südwesten nach Nordosten verläuft das ehemalige Meeresufer. Die historische Küste ragt immer noch rund 1-2 Meter hoch aus dem Waldboden. Von der Sonne ist an diesem Morgen nichts mehr zu sehen.




Küstennah geht es bis Ahrenshoop und von da weiter bis Wustrow. Hier am Übergang vom Darß zum Fischland wird die Halbinsel sehr schmal. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts ist Ahrenshoop als Künstlerkolonie bekannt. In Wustrow in der Nähe der Seebrücke ist Pause im Strandrestaurant Swantewit. Der Name geht auf die slawische Gottheit Svantovit (oder Swantewit) zurück. Er war der Kriegsgott und die oberste Gottheit der Ranen auf Rügen und anderer Elb- und Ostseeslawen. Slawische Gottheiten haben oft mehrere Köpfe. Svantovit ist vierköpfig, jeder Kopf schaut in eine Himmelsrichtung.

Südwestlich von Dierhagen erstreckt sich eines der größten verbliebenen Hochmoore Norddeutschlands. Hier steht seit 2011 die Skulpturengruppe Odin des Dierhagener Künstlers Siegfried Kümmel. Immer an der Ostsee entlang geht es weiter nach Graal-Müritz mit einem Rhododendronpark und dem Gespensterwald westlich des Ortes mit seinen windgekrümmten Buchen. Jetzt liegt nur noch die Rostocker Heide – durch deren Besitz Rostock zu den größten kommunalen Waldbesitzern gehört – vor uns, bevor wir Rostock erreichen. Mittlerweile hat es begonnen zu regnen und zu gewittern.







In Rostock machen wir ausgiebig Pause. Sightseeing fällt wegen des Regens allerdings weitgehend aus. Dabei hätte Rostock viel zu bieten. Aber – der Spruch des Tages wird uns mit dem Nachmittagsweizen serviert: Das Leben ist schön. Vorbei am Steintor, dem südlichen Haupttor der Stadt aus dem 16. Jahrhundert, verlassen wir die Stadt, die nach der Wende gerne Landeshauptstadt geworden wäre, sich aber von Schwerin geschlagen geben musste. Die letzten 35 Kilometer fahren wir durch das Tal der Warnow über Schwaan, wo wir einige Orientierungsschwierigkeiten haben, bis Bützow, wo wir im Hotel am Markt Quartier finden. Unmittelbar gegenüber steht das eindrucksvolle Rathaus, dass im 19. Jahrhundert im neugotischen Tudorstil errichtet wurde.
Am Abend sehen wir in der Gaststätte Casa das Halbfinal-Spiel im Confed-Cup. Deutschland gewinnt gegen Mexiko 4:1. Karl durchstreift derweilen als einziger den Ort und findet beim Kanuklub am Bützowsee merkwürde Boote.
3. Tag | Freitag, 30. Juni |
Strecke | Bützow – Warnow – Sternberg – Neustadt-Glewe – Ludwigslust |
Wetter | Dauerregen |
Tourdaten | 92 km |
Übernachtung | Hotel Stadt Hamburg; Letzte Straße 4, 19288 Ludwigslust; Tel.: 03874 / 4150; www.ludwigslust-hotel.de; ? Euro |




Der Tag heute könnte aus der Tourhistorie gestrichen werden. Es regnet ununterbrochen. Dazu haben wir noch Gegenwind bei zeitweise hügeligem Gelände. Zwischenzeitlich gibt es sogar den Vorschlag, in einen Zug nach Schwerin zu steigen. Die Mehrheit bleibt jedoch unbeugsam. Es wird durchgefahren. So bringen wir es heute trotz der widrigen Wetterverhältnisse noch auf über 90 Kilometer.
Die erste Pause machen wir in Sternberg in einem engen Café ohne die Möglichkeit, unsere Sachen zum Trocknen aufzuhängen. Hin und wieder müssen uns Wartehäuschen notdürftig Schutz gewähren. Eigentlich wollen wir in Neustadt-Glewe,dem Tor zur Lewitz übernachten. Die Lewitz ist eine unter Schutz gestellte Landschaft in Mecklenburg-Vorpommern, die durch weite und ebene Wiesen- und Ackerflächen, Fischteiche und vereinzelte Waldflächen geprägt ist. Wir finden jedoch kein Quartier. Im trockenen Edeka-Markt ermitteln wir schließlich einige Adressen in der Umgebung. So finden wir auch den Hamburger Hof in Ludwigslust. Dort angekommen entfällt sogar das Ankunftsbier, so drängt es uns in trockene warme Sachen.
Ludwigslust erweist sich als nettes barockes Residenzstädtchen. Das Schloss Ludwigsburg wird das Versailles des Nordens genannt. Das in den Jahren 1772 bis 1776 erbaute Barockschloss diente den Herzögen Friedrich von Mecklenburg-Schwerin und Friedrich Franz I. als Hauptresidenz. Das Schloss bildet den Mittelpunkt einer spätbarocken Stadtanlage, zusammen mit der ehemaligen Hofkirche und einem der schönsten englischen Landschaftsparks und ist einmalig in Norddeutschland.





Nach dem Abendessen finden wir noch die Zeit, die barocke Pracht des Ortes zu erkunden. Direkt am Schloss im ehemaligen Wach- und Arrestlokal ist das Kaffeehaus Alte Wache untergebracht. Da geht es uns wieder gut und die Regenstrapazen sind fast vergessen.
4. Tag | Samstag, 1. Juli |
Strecke | Ludwigslust – Eldena – Lenzen – Wittenberge – Havelberg |
Wetter | häufig Nieselregen |
Tourdaten | 116 km |
Übernachtung | Inselpension; Lange Straße 20a, 39539 Havelberg; Tel.: 039387 / 5 96 94; http://www.biergartenpension.de; 167 Euro |





Gegenüber dem Vortag gibt es eine deutliche Wetterbesserung; aus Starkregen wird Nieselwetter. In Karstädt fällt eine alte Dorfkirche auf, die die DDR-Zeit wohl nicht als aktives Gotteshaus überstanden hat. Wenige Kilometer weiter sind wir im Tal der Alten Elde, wie sich die Elde hier nennt. Wir folgen dem Fluss über Eldena bis Eldenburg. Hier haben wir Brandenburg erreicht. Es sind noch wenige Kilometer bis Lenzen, unserem ersten Pausenort mit Kaffee und Kirchenbesuch. Der Ortskern des Fachwerksstädtchens ist nahezu erhalten und wurde in den letzten Jahren liebevoll restauriert. Trotzdem wirkt der Ort ein wenig trostlos mit viel Leerstand und einiger Schwierigkeit, einen geeigneten Pausenort zu finden. Partnerstadt von Lenzen ist übrigens Reken bei uns im Münsterland.




Die nächsten 35 Kilometer geht es auf oder vor den Elbdeichen nach Wittenberge. Wittenberge ist zwar die größte Stadt der Region Prignitz, hat aber seine Blütezeit lange hinter sich. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts stand hier das größte europäische Nähmaschinenwerk (Singer). Nach dem Krieg wurde die Produktion als volkseigener Betrieb Veritas weitergeführt. Ab 1965 hieß der Betrieb VEB Nähmaschinenwerk Wittenberge – Kombinat TEXTIMA. Der überlebte die Wende aber nicht. An Bedeutung verloren hat auch der Elbhafen und durch den Neubau der Strecke Hamburg-Berlin auch die Bahnanbindung. Diese Entwicklung schlägt sich deutlich in der Einwohnerzahl nieder, die sich seit der Wende von 32.000 auf 17.000 reduziert hat. Wahrzeichen der Stadt sind der Singer-Uhrenturm und das Steintor aus dem 13. Jahrhundert. Für unsere fällige Pause wählen wir das Restaurant Zum Fährhaus direkt an Elbe und Hafen.




Das letzte Drittel des Tages begleitet uns weiterhin die Elbe. Bis Gnevsdorf hält Peters Reifen mit Aufpumpen durch. Dann muss der Schlauch doch gewechselt werden. Hier überqueren wir den Gnevsdorfer Vorfluter, einen Kanal, der parallel zur Elbe bis zur Havel bei Havelberg verläuft. Der Radweg verläuft jetzt zwischen Kanal und Fluss weiter. Auf der Höhe von Quitzöbel werden wir wegen Bauarbeiten am Elbdeich über Landstraßen nach Havelberg umgeleitet. Hier passieren wir übrigens wieder eine Landesgrenze. Wir fahren jetzt in Sachsen-Anhalt.




In Havelberg finden wir am Rande der Altstadt die Pension Rehberg, eine mehr als schlichte aber preiswerte Unterkunft. Wir essen griechisch im Restaurant Akropolis und besuchen anschließend den Dom oberhalb der Altstadt. Havelberg ist seit mehr als 1000 Jahren Bischofssitz. Vor dem Dom grüßt noch immer der rote Stern der ehemaligen Sowjetunion von einem Ehrenmal herab. Seit 2008 nennt sich die Stadt mit ihrer Altstadt auf einer Havelinsel wieder offiziell Hansestadt. Den Abend beschließen wir beim Italiener auf ein Bananensplit für Jürgen und mehr für den Rest.
5. Tag | Sonntag, 2. Juli |
Strecke | Havelberg – Tangermünde – Stendal |
Wetter | trocken mit sonnigen Abschnitten |
Tourdaten | 60 km |
Übernachtung |






Am letzten Morgen wechseln wir nach wenigen Kilometern bei Sandau die Elbseite mit der Sandauer Fähre. Die Fähre hängt als Gierfähre motorlos an einem 500 Meter langen Seil. Drei Kilometer weiter taucht die Kirchenruine Käcklitz auf. Käcklitz ist eine Wüstung auf dem Gebiet der Gemeinde Hohenberg-Krusemark, von der nur noch diese Kirchenreste stehen. Vor Arneburg durchqueren wir den Industrie- und Gewerbepark Altmark. Hier war zu DDR-Zeiten das Kernkraftwerk Stendal in Bau. Es wurde glücklicherweise nicht fertig gebaut und befindet sich seit der Wende im Rückbau.



Die Stadt Arneburg hat ihren Namen von der gleichnamigen Reichsburg aus dem 10. Jahrhundert. Der Altstadtkern von Arneburg mit seinem Marktplatz und für den Ort typischen Ackerbürgerhäuser ist heute gut erhalten. Um Arneburg herum hat man die Gelegenheit auf Naturlehrpfaden den Treppenaufstieg von der Burgstraße zum „Eselsloch“ und zum „Galgenberg“ und den Arneburger Steilhang zu erkunden. Seit 2015 gibt es in Arneburg eine Aussichtsplattform, die in 35 Metern Höhe einen grandiosen Blick auf die Elbauen ermöglicht. Bald werden sogar Trauungen auf der Plattform möglich sein.




Wir nähern uns dem Ende der diesjährigen Tour und erreichen Tangermünde. Tangermünde gehört zu jenen norddeutschen Städten, die ihr mittelalterlich anmutendes Stadtbild bis in die heutige Zeit bewahrt haben. Auf einer Hochfläche über der unverwechselbaren Auenlandschaft an der Mündung des Flüsschens Tanger in die Elbe liegen die mittelalterliche Burg und die vor etwa 1000 Jahren in ihrem Schutze entstandene Stadt mit vielen Fachwerk- und Backsteinbauten.
Vor der Weiterfahrt zum Zug nach Stendal erwischt es noch Günter. Auch sein Reifen muss geflickt werden.




Herausragende Sehenswürdigkeiten in Stendal sind der Dom mit seinen mittelalterlichen Buntglasfenstern, der Roland aus dem 16. Jahrhundert auf dem Vorplatz sowie das Rathaus aus dem 16. Jahrhundert mit der ältesten profanen Holzschnitzwand nördlich der Alpen.
Die Bundesbahn bringt uns wohlbehalten über Osnabrück und Rheine nach Münster. Trotz der Wetterwidrigkeiten war es eine interessante sportliche Tour. Und im nächsten Jahr fahren wir wieder vollzählig.