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Windunterstützte schnelle Tour durch norddeutsches Flachland, viel Zeit in Bremen.
Gesamtstrecke: 403 Kilometer
Fahrradkarten:
Friedensroute Münster-Osnabrück, BVA , 1:50.000
Brückenradweg Osnabrück – Bremen, BVA, 1:50.000
Radfernweg Hamburg-Bremen, BVA, 1:50.000
1. Tag | Donnerstag, 14. Juni |
Strecke | Münster – Telgte – Ostbevern – Glandorf – Bad Laer – Hilter – Wellingholzhausen – Gesmold – Westerhausen – Schledehausen |
Wetter | sonnig, sehr warm, abends Regen |
Entfernung | 86 km |
Übernachtung | Hotel zur Post, Bergstraße 2, 49143 Bissendorf / Schledehausen, 233,90 Euro |
Pünktlich gegen 9:30 Uhr treffen wir uns am Morgen bei Christian. Es ist angenehm, die Tour ohne Zugfahrt mit der Aussicht auf einen vollwertigen Fahrtag starten zu können. Durch vertrautes münsterländisches Terrain über den R1 geht es nach Telgte und von dort weiter über Ostbevern nach Glandorf, wo wir in der zentralen Eisdiele unsere erste Pause machen.
Felix führt uns weiter an Bad Laer vorbei nach Hilter. Die Teutoburger Wald macht sich ganz flach hier. Für den Rest des Tages bleibt die Landschaft sanft hügelig mit weitem Horizont und nichtssagenden Örtchen. Letzte Rast ist in Westerhausen am Bahnhof im Biergarten.
Vorher aber passieren wir in der Nähe von Gesmold/Melle die Hase-Bifurkation, angeblich eine der ganz wenigen europäischen Flussgabelungen. Hier gibt die Hase auf dem Weg zur Ems ein Drittel ihrer Wassermenge in die Else ab, die über die Werre in die Weser fließt. Allerdings ist strittig, ob diese Verzweigung wirklich natürlichen Ursprungs ist. Auf jeden Fall ist sie heute touristisches Ausflugsziel.
Wir erreichen unser vorgebuchtes Hotel in Schledehausen zusammen mit den ersten Regentropfen. Der Ort ist winzig und es gibt keinen Grund für uns, den Abend nicht im Hotel zu verbringen.
2. Tag | Freitag, 15. Juni |
Strecke | Schledehausen – Hunteburg – Lembruch – Diepholz – Barnstorf – Twistringen |
Wetter | heiß mit starkem Rückenwind und abendlichem Regen |
Entfernung | 93 km |
Übernachtung | Hotel Zur Börse, Bahnhofstraße 71, 27239 Twistringen, 211 Euro |
Am Morgen verlassen wir Schledehausen in nördlicher Richtung und stoßen bald auf den Brückenradweg zwischen Osnabrück und Bremen, dessen östlicher Route wir heute folgen wollen. Bei Ostercappeln queren wir den Mittellandkanal. Durch altes Moorgebiet, schnell wie der Wind, passieren wir bei Hunteburg eine alte historische Steinbrücke über die Hunte. Wir nehmen uns kaum Zeit für ein Foto.
Am Dümmer in der Strandbar Bar dü Mar ist nach vierzig Kilometern endlich Zeit für einen Kaffee. Karl muss natürlich mit seinem Gummiboot sofort ins Wasser. In Lembruch am nordöstlichen Dümmer-Ufer erfahren wir einiges über die Wasserbaumaßnahmen rund um den Dümmer. Ein Bayer erzählt uns von seinen Erziehungsversuchen bei seinem pensionierten Polizeihund, der als großer Beißer für alle Hunde, die ihm zu nahe kommen, eine große Gefahr ist.
In Lembruch verlassen wir den Dümmer und sind schon bald in Diepholz, einem netten Landstädtchen, wo wir eine weitere Pause einlegen.
Der Flecken Barnstorf beeindruckt durch seine romanische Kirche St. Veit aus dem 12. Jahrhundert. In unmittelbarer Nachbarschaft hat das mehr als 200 Jahre alte Keunecke Haus (der Herr Keunecke scheint ein Maler gewesen zu sein) zwar ein Cafe-Schild an seinen Mauern aber keinen Kuchen anzubieten. So wird es nichts mit einer Pause.
Wir sind zeitig in Twistringen, einem eher langweiligen Landstädtchen. In Randlage liegt der Bahnhof und dort nimmt uns das Hotel zu Börse auf. Trotz Regen machen wir uns nach einigen Bieren im Garten auf den langen Weg die Bahnhofstraße entlang ins Zentrum zum Griechen wo wir anständig satt werden.
3. Tag | Samstag, 16. Juni |
Strecke | Twistringen – Bassum – Heiligenrode – Stuhr – Bremen |
Wetter | traumhaft, viel Rückenwind |
Entfernung | 50 km |
Übernachtung | Hotel Rheinischer Hof, Löningstr. 30, 28195 Bremen, 255 Euro |
Es wird eine Kurzetappe heute. Mit Bassum erreichen wir den nächsten größeren Ort. Wir machen dort einen Abstecher zum Stift Bassum, einem der ältesten Stifte Mitteleuropas. Es wurde 858 von der Edeldame Luitgart mit ihrem väterlichen Erbe gegründet. Im Kapitelsaal wären eindrucksvolle Malereien aus der Rokokozeit zu bewundern gewesen. Sie ebenso wie das Innere der gewaltigen Stiftskirche bleiben uns verborgen.
Wir durchfahren Geestland (Wildeshauser Geest). Der Begriff Geest ist eine Substantivierung des niederdeutschen Adjektivs güst, das trocken und unfruchtbar bedeutet. Es ist eine Altmoränenlandschaft, geprägt von den sandigen Ablagerungen der Eiszeit. In den Niederungen dazwischen gibt es Feuchtwiesen, bei schlechtem Abfluss Moore. Da es sich hierbei meist um leicht erhöhtes Gelände handelt, sagt man auch Geestrücken oder Sandrücken zu dieser Landschaftsform.
Wir folgen immer dem lauf des Klosterbaches in nördliche Richtung. Vor dem Flecken Heiligenrode (schon in der Nähe der Bundesautobahn A1) sorgt eine steile sandige Rampe für sportliche Abwechslung. Die Landschaft ändert sich. Bei Stuhr sind wir schon in den nördlich der Wildeshauser Geest angrenzenden Küstenmarschen.
Marschen sind generell flache Landstriche ohne natürliche Erhebungen. Sie liegen in etwa auf Höhe des Meeresspiegels landeinwärts des Watts und der Salzwiesen. Entstehungsgeschichtlich gehören sie zu den jüngsten geologischen Formationen: Sie sind holozänen Ursprungs, also nacheiszeitlich. Ausgedehnte Marschgebiete gibt es in Deutschland nicht nur direkt am Meer, sondern beispielsweise auch als Flussmarschen im Gezeiten-Einflussgebiet der Tideflüsse, insbesondere der Elbe, Weser, Eider, Oste und Ems. Zwar werden auch weiter im Binnenland gelegene Niederungslandschaften umgangssprachlich oft als „Marsch“ bezeichnet. Bodenkundlich und hydrologisch handelt es sich dabei aber präziser um Auen.
Die Fahrt hinein nach Bremen verläuft problemlos. Es ist gerade 14 Uhr, als wir schon mitten in Bremen die Weser überqueren. Die Suche des vorgebuchten Hotels gestaltet sich dagegen nervenaufreibender. Es liegt in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofes und entpuppt sich als eine einigermaßen verkommene und von einer alkoholbegeisterten Familie bewirtschaftete Absteige. Nach erfolgreichem Kampf gegen ein unmögliches drittes „Bett“ in einem winzigen Doppelzimmer bleibt uns viel Zeit für Sightseeing in Bremen.
Der Nachmittag wird nach persönlichen Vorlieben gestaltet: Durchstreifen der Innenstadt mit Rathaus, Dom, Roland und Bremer Stadtmusikanten; Schnoorviertel; Böttcherstraße; Emil Noldes „ungemalte“ Bilder im Paula-Modersohn-Becker-Museum; Weserpromenade Schlachte. Gegen 19 Uhr ist Treffpunkt im Kleinen Olymp, einem netten, traditionsreichen Restaurant am Rande des Schnoorviertels. Hier essen wir lecker zu Abend, den wir anschließend feucht auf der Schlachte mit einigen Regentropfen und einem schönen Sonnenuntergang ausklingen lassen.
4. Tag | Sonntag, 17. Juni |
Strecke | Bremen – Fischerhude – Buchholz – Wilstedt – Nartum – Zeven – Heeslingen – Sittensen |
Wetter | kühler, einige Regenschauer |
Entfernung | 90 km |
Übernachtung | Landhaus de Bur, Bahnhofstraße 3, 47419 Sittensen, 227,50 Euro |
Wir verlassen Bremen am Morgen sehr grün durch den weitläufigen Bürgerpark hinter dem Hauptbahnhof. Durch das Blockland, einer von kleinen eingedeichten Flussläufen und Fleeten (Entwässerungsgräben) durchzogenen Wiesenlandschaft erreichen wir die Wümme mit seinen naturnahen Wümmewiesen, die eine Flussauenlandschaft von europäischer Bedeutung sind.
Nach einstündiger Fahrt erreichen wir Fischerhude, einen idyllischen malerisch gewachsenen Ort, in dem Otto Modersohn zu Beginn des 20. Jahrhunderts seine „Künstlerkolonie Fischerhude“ um sich versammelte. Hinter den letzten Häusern stehen wir vor dem verschlossenen Modersohn-Museum. Wir fahren weiter nach Buchholz. Eine Oma mit Besen und Kehrblech in der Hand begrüßt uns launisch aus ihrem Vorgarten heraus: „Habt ihr denn nichts zu tun?“. Peter will das nicht hören.
Der im Radführer angepriesene Ilexhain erweist sich als nichtssagendes Gestrüpp. Aber vielleicht sind wir ja nur nicht tief genug in Selbiges eingedrungen. Interessant sind hingegen die in der Nähe wachsenden knorrigen Kratteichen. Sie sind durch Viehverbiss in Hütewäldern entstanden und angeblich bis zu 1000 Jahre alt.
Der Weg führt uns durch Wilstedt nach Vorwerk mit seinem Vorwerker Steinriesen, einem riesigen eiszeitlichen Findling und weiter nach Nartum. Im dortigen Nartumer Hof ist Mittags- und Regenpause. Der Gasthof gefällt durch leckere kräuterbetonte Kleinigkeiten. Nartum ist übrigens überregional bekannt als Wohnort des Schriftstellers Walter Kempowski.
Die letzten Kilometer nach Zeven führen an einer vielbefahrenen Straße entlang. Die Stadt ist proppevoll. Es ist Stadtfest mit Handwerkermarkt, vielen Fressbuden und einem wohltätigen Kaffee- und Kuchenbuffet.
In Heeslingen kommen wir an der Kurz hinter dem Ort in Osterheeslingen am Birkensee ist die nächste Regenpause in einer rustikalen Imbiss-Hütte notwendig. Der Weg verläuft jetzt einige Zeit parallel zur Oste. In der Nähe von Groß-Meckelsen kommen wir an der Wassermühle Kuhmühlen vorbei. Heute ist es ein reizvoll im Wald gelegenes Hotel und Ausflugsrestaurant. Es gibt kaum ein Durchkommen für uns, weil ein Kunstmarkt Scharen von Besuchern angelockt hat. So verpassen wir auch einen zum Haus gehörenden angeblich sehr sehenswerten Privatgarten.
Es ist jetzt nicht mehr weit bis Sittensen, dem Ziel unserer heutigen Etappe. Wir kommen im feinen Landhaus de Bur unter. Es reicht am Abend noch für einen kleinen Erkundungsspaziergang durch den Ort: Wir sehen die alte Wassermühle mit dem angegliederten Handwerker-Museum, gegenüber eine alte Schmiede und die zum Mühlenteich aufgestaute Oste. Traurige Berühmtheit erlangte der Ort am Anfang des Jahres durch einen siebenfachen Mord in einem Chinarestaurant.
5. Tag | Montag, 18. Juni |
Strecke | Sittensen – Heidenau – Hollenstedt – HH-Harburg – HH-Zentrum – HH-Harburg – Münster |
Wetter | kühler, Starkregen in Hamburg |
Entfernung | 84 km |
Übernachtung | – |
Vorbei an Burgsittensen mit einer Gutsanlage inmitten eines eindrucksvollen Baumbestandes geht die Fahrt am Morgen nach Heidenau. Hier treffen wir auf eine offizielle Fahrradweg-Umleitung. Die Strecke hinter Heidenau auf einer alten Heerstraße Napoleons über den Büntberg (61 m) mit angeblich freiem Blick auf die Dohrener Heide im Osten und das Naturschutzgebiet Stellheide im Norden ist gesperrt. Die Querung der Autobahn A1 mitten im Wald in der Stellheide ist nicht passierbar. Erst in Hollenstedt stoßen wir wieder auf den regulären Radweg. In der 1200-jährigen Gemeinde stellt die fast ebenso alte Backsteinkirche St. Andreas mit seinem hölzernem Glockenturm eine besondere Sehenswürdigkeit dar.
Vor Harburg wird es jetzt sehr waldreich und für norddeutsche Verhältnisse sehr hügelig. Im sogenannten Staatsforst Rosengarten mit seinen imposanten Mischwaldbeständen steigen wir bis auf sagenhafte 133 m die Harburger Berge empor. Der Begriff Rosengarten soll seinen Namen nicht den Rosen verdanken sondern von dem Wort „Roddengraben“ = gerodetes Tal stammen. Aus diesem ausgedehnten Waldgebiet kommen wir übergangslos ins städtische Harburg hinein.
Wir haben 50 Kilometer hinter uns. Bis zur Abfahrt des Zuges sind es noch fast vier Stunden. In der Nähe des Bahnhofs trennen sich unsere Wege. Peter und Christian wollen den Tag gemächlich mit einer Megapause beenden. Den Rest der Truppe zieht es noch in die Hamburger City. Die Süderelbe überqueren wir auf einer ehemaligen Eisenbahnbrücke, die heute nur noch für Fußgänger und Radfahrer offen ist. Durch Wilhelmsburg und anschließend durch ausgedehnte und auch etwas verkommene Industriegebiete erreichen wir die Norderelbe, die wir im alten Elbtunnel mit seinen gigantischen Aufzügen und einer exklusiven Radfahrerröhre unterqueren. Auf der anderen Seite sind die Landungsbrücken. Die Michaelis Kirche (Hamburger sagen nur Michel) liegt in Sichtweite. Leider beginnt es zu regnen. Und der hört nicht mehr auf. Wir fahren einmal durch die City, vorbei an Binnenalster und dem Hamburger Rathaus und dann noch durch die Speicherstadt. Die 15 Kilometer zurück nach Harburg müssen wir bei Starkregen absolvieren. Wir sind nass bis auf die Haut, als wir endlich am Harbuger Bahnhof ankommen. So wird der Bahnsteig zum Umkleideraum. Die Rückfahrt nach Münster ist kurz und unspektakulär.