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Entspanntes und steigungsarmes Radeln entlang Unstrut, Saale und Elbe durch Thüringen und Sachsen-Anhalt

 

Gesamtstrecke 417 Kilometer; Komplettbesetzung; Helmverhältnis 4:3

Kartenmaterial: Unstrutradweg, Kompass, 1:50.000; Saaleradweg, Kompass, 1:50.000

                                          
1. Tag Freitag 27. Juni
Strecke Bad Heiligenstadt – KefferhausenDingelstädt – Dachrieden – Ammern – Mühlhausen
Wetter Sonne-Wolken-Mix, angenehm
Tourdaten 43 km
Übernachtung Brauhaus zum Löwen, Felchtaer Str. 3, 99974 Mühlhausen, Tel.: 03601 – 4710; www.brauhaus-zum-loewen.de; 327 Euro
es soll der letzte große Anstieg der Tour bleiben
es soll der letzte große Anstieg der Tour bleiben

im Zug nach Kassel   im Zug nach Kassel   Ankunft in Bad Heiligenstadt   mit etwa 550 m haben wir den höchsten Punkt der Tour erreicht   

Wir fahren am Morgen mit der Deutschen Bahn nach Kassel, von wo sie uns nach einer Stunde Wartezeit im Café weiter nach Bad Heiligenstadt bringt. Es ist bereits 14:00 Uhr, als wir endlich auf die Fahrräder steigen können. Wir starten in der Kreisstadt des Landkreises Eichsfeld, gelegen im Leinetal. Nach einer der möglichen Berechnungsmethoden liegt ein Mittelpunkt Deutschlands im Stadtgebiet. Auf unserem heutigen Weg nach Mühlhausen müssen wir zunächst reichlich 200 Höhenmeter aufsteigen, bevor uns vor Kefferhausen der erste weite Blick in die Unstrutregion gewährt wird.

   Unstrutquelle   an der Unstrutquelle

2014_2_Logo_unstrutradwegWestlich von Kefferhausen besuchen wir die Unstrutquelle. Die Unstrut hat ein riesiges Einzugsgebiet. Sie entwässert das gesamte nordthüringische Becken und ist der größte Nebenfluss der Saale. An der Einmündung in die Saale bei Naumburg führt die Unstrut zwar weniger Wasser als diese, entwässert aber ein größeres Einzugsgebiet und ist länger als die Saale von deren Quelle bis zur Unstrutmündung. Somit kann man die Mündung der Unstrut als gleichrangigen Zusammenfluss ansehen.

Wir finden die Quelle als gemauerte Natursteingrotte in einer kleinen Grünanlage vor, insgesamt eine nicht sehr spektakuläre Angelegenheit.

Ankunft im Cafe "bisschen bunt" in Dachrieden   Warten auf den Kaffee   im Café "bisschen bunt"   Eisenbahnbrücke (Strecke Leinefelde - Mühlhausen) über die Unstrut

Die ersten Kilometer der Unstrut haben ein ordentliches Gefälle. Bis Mühlhausen haben wir bereits 200 Höhenmeter verloren. Gleich hinter Kefferhausen passieren wir das Städtchen Dingelstädt. Es gehört zu den ältesten Ansiedlungen des Eichsfeldes. Bevor wir unser heutiges Etappenziel erreichen, verleitet uns ein etwas merkwürdiges Café zu einer letzten Pause. Es nennt sich „bisschen bunt“  und genau das ist es auch, ein bisschen sehr bunt und alternativ. Aber wir sitzen gut und der Kaffee schmeckt.

Der Oberlauf der Unstrut ist stark landwirtschaftlich geprägt. Der Fluss durchquert eine offene, leicht wellige und waldarme Landschaft.

Divi Blasii Kirche in Mühlhausen   Mühlhausens Einkaufsstraße   kunstvoller Erker in Mühlhausen   2014_2_1_Mühlhausen3   Biergarten vor unserem Hotel

Gegen 17:30 Uhr sind wir bereits in Mühlhausen, unserem heutigen Etappenziel. Für uns Münsteraner ist die Übernachtung in Münsters Partnerstadt natürlich Pflicht.

Mühlhausen nennt sich die Stadt im Herzen Deutschlands zwischen den Höhenzügen des Eichsfeldes und des Hainichs eingebettet. Schon von Weitem grüßt der Turm der Marienkirche, der zweitgrößten Kirche Thüringens. Die Stadt zeigt sich mit einem intakten mittelalterlichen Stadtkern und einer gut erhaltenen Stadtmauer, alles schmuck herausgeputzt aber ohne viel Leben.

Nach einigen Mühen finden wir auch unser Hotel, das Brauhaus zum Löwen. Hier scheint sich das Leben abzuspielen. Das Haus ist ausgebucht. Wir bekommen nur mit Schwierigkeiten draußen einen Tisch. Das Hausbier schmeckt hervorragend.

2. Tag Samstag 28. Juni
Strecke MühlhausenBad LangensalzaHaßlebenSömmerdaOldislebenBad Frankenhausen
Wetter überwiegend wolkig; angehen frisch; nachmittags heftige Regenschauer
Tourdaten 103 km
Übernachtung Hotel Straube, Erfurter Straße 20, 06567 Bad Frankenhausen, Tel.: 034671 – 62916, www.hotel-straube.de, 220 Euro

begradigte Unstrut   Apothekenpause in Baad Langensalza      Rathausbrunnen in Bad Langensalza

Erstes Etappenziel des heutigen Tages ist die Kur- und Rosenstadt Bad Langensalza. Die Stadt gewann 2011 mit höchster Punktzahl aller Teilnehmer Gold im internationalen Wettbewerb „Entente Florale Europe“ um die blühendste Stadt Europas. Sie ist die zweitgrößte Stadt im Unstrut-Hainich-Kreis und liegt an der Salza, einem nur 5,5 km langen Flüsschen, das in die Unstrut mündet. Es wären einige Gärten, wie der Japanische Garten, der Rosengarten, das Arboretum, der Botanische Garten oder auch der Schlösschenpark zu besichtigen, aber wir wollen ja Rad fahren.

Karl-Heinz Knie, abgeschürftVor Langensalza erwischt es Karl-Heinz. Rollsplitt auf der Straße lässt ihn stürzen. Er holt sich in blutiges Knie und eine verstauchte Hand. In einer Apotheke in Langensalza werden die Wunden notdürftig versorgt.

Unstrut-Stromschnellen   Betrachtung der Unstrut

Weiter geht es nach Nägelstedt. Hier beginnt das Naturschutzgebiet Unstruttal. Bis Großvargula sind wir mit unserem Radweg allein im Unstruttal. Keine Straßen stören. Bei Großvargula sehen wir einen ersten Weinberg; er soll aber bis zum Mündungsgebiet der einzige bleiben.

Kanu-Club Sömmerda   Pause in Sömmerda auf dem Marktplatz   immer wieder Jürgens Bananensplit

Vor Sömmerda hat der Kanu-Club Sömmerda sein Domizil. Der Wildwasser-Parcours ist eigentlich eine Übungsstrecke für Kinder. Karl ist trotzdem kaum zur Weiterfahrt zu bewegen.

Sömmerda liegt im flachen, fruchtbaren Thüringer Becken an der mittleren Unstrut. Die Umgebung wird intensiv landwirtschaftlich genutzt und ist waldarm. Das Klima ist außergewöhnlich trocken und relativ mild. Zu DDR-Zeiten war hier das VEB Robotron-Büromaschinenwerk „Ernst Thälmann“ angesiedelt. Heute stellt Fujitsu hier PCs und Notebooks her.

Am Marktplatz in der Nähe des Rathauses machen wir ausgiebig Pause. Karls Strandkorb passt nicht so recht ins Stadtbild. Jürgen genießt eine wohldekorierte Bananen-Split-Variante.

Regenpause in Büchel   Unstrutbrücke bei Sachsenhausen an der Hainleite

Das Wetter wird immer bedrohlicher, von wegen regenarmes Thüringer Becken. In Büchel beginnt es zu schütten. Wir stehen einige Zeit relativ geschützt an einer Hausmauer, fahren dann aber doch im Regen weiter. Vor uns ist jetzt schon die Thüringer Pforte bei Sachsenburg sichtbar. So wird der Durchbruch der Unstrut durch die das Thüringer Becken nach Norden abschließenden Höhenzüge Hainleite und Schmücke genannt. Bewacht wurde die Thüringer Pforte im Mittelalter von der Oberen Sachsenburg und der Unteren Sachsenburg aus.

der wird doch nicht umfallen?   schiefer Turm der Oberkirche in Bad Frankenhausen   Gasse in Bad Frankenhausen   unser Hotel Straube

Mittlerweile ist telefoniert worden und wir müssen feststellen, dass in Artern, wo wir eigentlich übernachten wollen, keine Zimmer zu bekommen sind. So verlassen wir bei Oldisleben das Unstruttal und fahren hinter der Hainleite entlang nach Bad Frankenhausen, wo uns das Hotel Straube telefonisch Zimmer zugesagt hat.

Bad Frankenhausen liegt am Südrand des Kyffhäusers. Vor den Toren der Stadt passieren wir ein riesiges Sonnenblumenfeld, leider noch nicht in Blüte. Über der Stadt grüßt sehr markant das Panoramamuseum. Dieser Rundbau beherbergt ein 123 Meter langes und 14 Meter hohes monumentales Panoramabild über den Bauernkrieg von Werner Tübke. Das Bild entstand in den Jahren 1976 bis 1987 und gehört zu den größten Tafelbildern der Welt.

Bei Frankenhausen fand 1525 die letzte große Schlacht des Deutschen Bauernkrieges statt. 6000 Bauern starben und ihr geistiger Führer Thomas Müntzer wurde gefangen genommen, gefoltert und öffentlich hingerichtet.

Wahrzeichen der Stadt ist der schiefe Turm der Oberkirche (Unserer Lieben Frau am Berge), der sich seit Jahrhunderten immer weiter neigt. Mittlerweile ist die Kirchturmspitze 4,45 Meter außerhalb des Lots. Nur der Turm in Suurhusen im Ostfriesland ist schiefer.

Beim Abendessen wird uns ein Fernseher hingestellt, damit wir das WM-Spiel der Brasilianer gegen Chile (3:2 nach Elfmeterschießen) sehen können. nach dem Spiel machen wir noch einen ausgiebigen Spaziergang durch den Ort. Dabei besuchen wir natürlich auch den schiefen Turm.

3. Tag Sonntag 29. Juni
Strecke Bad FrankenhausenArtern – Roßleben – NebraLaucha an der Unstrut FreyburgNaumburgWeißenfels
Wetter kühl; in der Mittagszeit anhaltender Regen
Tourdaten 100 km
Übernachtung Hotel Pension am Märchenbrunnen, Merseburger Straße 41, 06667 Weißenfels, Tel.:  03443 – 20 40 40, www.zimmerfrei-weissenfels.de , 220 Euro

Burganlage Wendelstein   Karl von oben   Karl-Heinz von unten

Wir verlassen Bad Frankenhausen hochgeschwindig entlang der verkehrsreichen Straße nach Artern und passieren dabei wieder das riesige Sonnenblumenfeld am Ortsausgang, diesmal von der anderen Seite. Die Landschaft hier im mittleren Teil des Unstruttales ist weit und offen. Kennzeichen sind auch die großen Hochwassserpolder, die sich von Oldisleben bis Artern erstrecken. Einige Kilometer hinter Artern verlassen wir Thüringen. Der erste Ort in Sachsen-Anhalt ist Wendelstein. Von ihm sehen wir nur die auf einer felsigen Anhöhe am Fluss gelegene Burg Wendelstein, eine sich heute in Privatbesitz befindliche Burganlage aus dem 14. Jahrhundert.

Ortseingang Memleben   Reste des Benediktinerklosters Memleben      roter Felsen (Steinbruch) von NebraBesucherzentrum am Fundort der Himmelsscheibe in Nebra

Wir erreichen bald Memleben und sind überrascht, hier Reste mittelalterlicher deutscher Reichsgeschichte vorzufinden. Dass es eine Kaiserpfalz zur Zeit der Ottonenherrscher Heinrich I. und Otto I. in Memleben gab, ist gesichert. Beide Kaiser sind hier übrigens auch gestorben. Wo die Pfalz genau stand, ist allerdings noch nicht erforscht. Die baulichen Reste hier in Memleben gehören jedenfalls zu einem alten Benediktinerkloster, das schon zur Zeit der Kaiserpfalz im 10. Jahrhundert von Otto II. gegründet wurde.

Hinter Memleben durchfahren wir den „Wangener Grund“ am Rande des Ziegelrodaer Forstes. Die rote Sandsteinwand ist von Menschenhand geschaffen. Hier wurde lange Zeit Sandstein abgebaut. Die immer steiler und enger werdenden Hänge lassen nur noch einen schmalen Spalt für den Durchfluss der Unstrut. Jener Durchbruch, Steinklöbe genannt, soll entstanden sein, als ein Mönch mit Hilfe des Teufels die sich einst hier zu einem See angestaute Unstrut zum Abfließen gebracht hat. Genau oberhalb der Abbruchkante wurde die Himmelsscheibe von Nebra gefunden. Am Fundort ist ein großes Besucherzentrum entstanden.

Bier- und Kaffee-garten bei Nebra   Regen am Mittag   Regen am Mittag

In einem Bier- und Kaffeegarten unmittelbar vor Nebra machen wir so lange Pause, bis es regnet. Die nächsten Stunden werden nass. Unterwegs unterqueren wir die Unstrutbrücke der DB-Neubaustrecke Erfurt-Leipzig. Erst mit der Fährüberfahrt über die Saale nach Naumburg endet der Regen. Dabei ist der Unterlauf als regenarm und sogenannte Wärmeinsel bekannt, so dass mit dem Weinbaugebiet Saale-Unstrut das 13.deutsche Weinanbaugebiet mit seinem Zentrum in Freyburg/Unstrut möglich wurde. Es ist das nördlichste Weinanbaugebiet Europas. Hier wachsen vor allem frühreifende Sorten wie Müller-Thurgau, Weißburgunder und Silvaner, die aber in guten Jahren zu preisgekrönten trockenen Weinen ausgebaut werden. Die Rotkäppchen-Sektkellerei in Freyburg gehört (wieder) zu den Traditionsunternehmen und ist Marktführer auf dem deutschen Sektmarkt.

Weinbau bei Freyburg   Saalefähre bei Naumburg      Saalefähre bei NaumburgNeubau Eisenbahntrasse_bei_Wetzendorf

2014_2_Logo_Saaleradweg

Von Freyburg ist es nicht mehr weit bis zur Mündung der Unstrut in die Saale. Die malerisch von Weinbergsterrassen gesäumten Saaleauen an der Saale-Unstrutmündung werden Blütengrund genannt. Max Klinger sagte dazu: Hier ist es ja wie in der Toscana, bloß näher!“  Mit einer kleinen Personenfähre überqueren wir die Saale nach Naumburg.

Ankunft vor dem Dom in Naumburg   Hussiten-Kirschfest-Teilnehmer mit Hund und Bierdurst   Naumburger Dom St. Peter und Paul

Herausragendes Wahrzeichen der Stadt Naumburg ist der spätromanisch-frühgotische Dom St. Peter und Paul. Er zählt zu den berühmtesten deutschen Sakralbauten des Mittelalters und steht mittlerweile auf der Vorschlagsliste des UNESCO-Weltkulturerbes. Wir nehmen uns eine Stunde Zeit, den Dom oder die Altstadt zu erkunden.

Die Stadt ist voller merkwürdig gewandeter Bewohner. Wie wir erfahren, wird gerade das Hussiten-Kirschfest – eine Mischung aus Stadtfest und Mittelaltermarkt – gefeiert. Es erinnert nachweislich schon seit dem 17. Jahrhundert an die Belagerung der Stadt durch die Hussiten im Jahre 1432. Da gibt es sogar ein eigenes Lied drüber.

Saale bei Goseck mit Dechanten-Weinberg

Ab Naumburg fahren wir die Saale flussabwärts. Einige Kilometer hinter Naumburg, bei Goseck, sehen wir einen der letzten Weinberge, den Dechanten-Weinberg, perfekt in der Saale gespiegelt. Es ist jetzt nicht mehr weit bis Weißenfels, dem heutigen Etappenziel.

Marktplatz von Weißenfels   Schloss Neu-Augustusburg in Weißenfels bei der Renovierung   Pension am Märchenbrunnen in Weißenfels - Innenhof   Pension am Märchenbrunnen in Weißenfels - Straßenseite

Über der Stadt thront das Schloss Neu-Augustusburg. Es wurde im 17. Jahrhundert als Residenz der Herzöge von Sachsen-Weißenfels erbaut ist eine der größten frühbarocken Schlossanlagen in Mitteldeutschland. Die Restaurierung schreitet voran.

Sonst aber sieht man der Stadt erhebliche Probleme an. Die Einwohnerzahl ist seit den 60er Jahren um ein Drittel gesunken. Es gibt viel Renovierungsstau und Leerstände. Unsere Pension am Märchenbrunnen wird von einem Ehepaar – er fülliger Wessi, sie resolute Thailänderin – geführt und ist in einer ehemaligen Schuhfabrik untergebracht. Wir dürfen in seinem Wohnzimmer/Büro die WM-Spiele Niederlande-Mexiko (2:1) und Costa-Rica-Griechenland (5:3) bei Flaschenbier und mit einem sehr penetranten Geruch im Raum sehen. Angeblich rührt der Duft von häufigem Reiskochen her.

Zum Abendessen haben wir uns einen Griechen ausgesucht. Der Weg dahin ist viel weiter als gedacht. Das Restaurant Athos liegt nahe der Saale in einem Gewerbegebiet. Es ist aber riesig und sehr gut besucht. Neben uns in einem separaten Raum feiert ein Russen-Clan sehr lautstark ein Familienfest.

4. Tag Montag 30. Juni
Strecke Weißenburg – Bad DürrenbergLeunaMerseburgSchkopauHalleBrachwitzWettinRothenburgAlslebenPlötzkau – Gröna – Bernburg
Wetter kühl; nachmittags Gewitterschauer; abends Wetterberuhigung
Tourdaten 106 km
Übernachtung Askania Hotel, Breite Straße 2-3, 06406 Bernburg, Tel.: 03471 – 354 0, www.askania-hotel-bernburg.de, 291 Euro

Aufbruch am Morgen in Weißenfels   Günters Pannenpause hinter Weißenfels   so ähnlich sehen alle Räder aus

Hinter Weißenfels im Ortsteil Burgwerben passieren wir die definitiv letzten Weinberge (Lage Burgwerbener Herzogsberg) der Unstrut-Saale-Region. Hier ereilt Günter auch schon eine Reifenpanne. So dreckstarrend wie Günters Rad sehen unsere Fahrräder auch aus. Im Laufe des Tages wird das noch schlimmer werden. Bei Großkorbetha wechseln wir zum ersten Mal die Saaleseite.

Die ersten nennenswerten Orte, die wir durchfahren sind der Luftkurort Bad Dürrenberg und Leuna. Die Leunawerke westlich der Orte waren zu DDR-Zeiten das größte Chemie-Kombinat des Landes. Heute sind auf dem Firmengelände zahlreiche neue Unternehmen angesiedelt.

Merseburg Marktplatz   Dom in Merseburg   Merseburg Marktplatz

Kurz vor 11 Uhr sind wir in Merseburg. Zwar hat auch Merseburg nach der Wende eine Menge Einwohner verloren, die Stadt zeigt sich den Besuchern aber einem edlen historischen Gewand. Merseburg ist seit Anfang des 10. Jahrhunderts einer der bedeutendsten deutschen Pfalzorte. Von 933 bis 1213 tagten die deutschen Kaiser mehr als 20 mal in Merseburg. Die Stadt war Reichsmittelpunkt.

Merseburg gilt manchen als Mutter der mitteldeutschen Städte. Das bedeutendste Baudenkmal ist der 1000 jährige Dom, 1021 von Kaiser Heinrich II. eingeweiht.

Wir durchstreifen die Altstadt einige Zeit und sind übereinstimmend der Meinung, dass Merseburg eigentlich eine Reise außerhalb einer Radtour wert ist.

Schlossgarten in Schkopau

Bevor wir Halle erreichen, geht es durch Schkopau mit seinem Schlosspark. Der Name Schkopau ist eng verbunden mit den Buna-Werken, 1936 von den Nazis zur Gewinnung von Synthesekautschuk gegründet, wurde es in der DDR als VEB Chemische Werke Buna weiter geführt. Nach der Wende übernahm der amerikanische Konzern Dow Chemical große Teile der Produktionsanlagen, aber nur eine geringe Zahl an Beschäftigten. Heute werden hier in modernsten Anlagen Produkte auf Erdölbasis hergestellt.

Marktplatz in Halle   altes Rathaus in Halle

Halle ist die größte Stadt Sachsen-Anhalts. Unser Besuch beschränkt sich auf eine Kaffeepause auf dem weitläufigen Marktplatz neben dem alten Rathaus. Sage und schreibe 14 Straßen münden in die etwa 16.000 Quadratmeter große Fläche. Mitten auf dem Platz steht das Denkmal des großen Sohnes der Stadt Georg Friedrich Händel. Als einzige deutsche Großstadt mit mehr als 200.000 Einwohnern hat Halle den Zweiten Weltkrieg fast ohne Schäden überstanden, sodass ihr städtebaulicher Charakter unter den deutschen Großstädten als einzigartig gilt.

Regenpause am Saline-Freibad in Halle

Bevor wir Halle verlassen können, erwischt uns noch ein heftiger Gewitterregen. Ihn können wir im Eingangsbereich des Saline-Freibades trocken überstehen.

Fähre Brachwitz   die Fähre hängt an der Kette und pendelt von Ufer zu Ufer

Gezählt neun mal überqueren wir an diesem Tag die Saale. Interessant ist die Überfahrt mit der Fähre bei Brachwitz. Es handelt sich bei ihr um eine Gierseilfähre, die zur Fortbewegung die Strömung des Flusses ausnutzt und dabei an einem langen mit Bojen markierten Seil hängt.

Rapsfeld in der Halleschen Porphyrkuppenlandschaft bei Gimritz   vor Wettin

Zwischen Brachwitz und Wettin durchqueren wir die Hallesche Porphyrkuppenlandschaft. Benannt wurde sie nach dem dort auftretenden rötlichen bis schwarzen Porphyrgestein. Teile der Region sind als Naturschutzgebiet wegen der einzigartigen, zusammenhängenden Offenlandschaft ausgewiesen.

Burg Wettin   Pause an der Biobäckerei Fischer in Rothenburg   Pause an der Biobäckerei Fischer ikn Rothenburg

In Wettin finden wir keine Möglichkeit zur Einkehr. Das Städtchen direkt an der Saale mit einer Fährverbindung und wird von der Burg Wettin überragt. Sie ist die Stammburg der Markgrafen, Kurfürsten und Könige von Sachsen, der Wettiner. Wettin liegt mitten im Naturpark Unteres Saaletal, der sich von Halle bis Nienburg erstreckt.

Die nächsten 15 Kilometer bis Rothenburg genießen wir die Schönheit und Stille des Naturparks. In Rothenburg finden wir tatsächlich die Bio-Bäckerei Fischer, in der wir uns für sehr wenig Geld versorgen können. Und Kaffee bekommen wir auch.  Hier im Ort ist die Westfälische Drahtindustrie aus Hamm mit den Draht- und Seilwerken Rothenburg mit einigen hundert Arbeitsplätzen ansässig.

Nächstes Ziel ist Alsleben. Hier wollen wir eigentlich übernachten. Es gibt aber keine Betten für uns. Ein hilfsbereiter SUV-Fahrer debattiert mit uns mit nicht enden wollender Ausdauer über Alternativen. Fazit ist, dass wir wohl bis Bernburg fahren müssen und dass uns noch ein beschwerlicher Radweg durch den Wald bevorsteht.

Plötzkau   Schloss Bernburg   unser Hotel Ascania (***S) in Bernburg

Wir fahren vorbei an Plötzkau mit dem Schloss Plötzkau, einem Renaissanceschloss, das an der Stelle einer mittelalterlichen Grafenburg gebaut wurde. Bekannt wurde es vor allem als Residenz von Fürst August von Anhalt, der es als Fürstentum Anhalt-Plötzkau zum kleinsten souveränen Staat der Welt machte (1611–1665).

Der anschließende Weg wird wirklich zu einer harten Prüfung für uns. Der Weg durch den Wald ist extrem  matschig und tiefgründig. Erst in Gröna hat die Qual ein Ende. Hier überqueren wir wieder einmal die Saale. Neben der Fußgänger-Brücke liegt ein Restaurantschiff, wo man angeblich (SUV-Fahrer) sehr gut essen kann.

Noch eine Saaleschleife und wir erreichen Bernburg, das uns mit seinem imposanten Schloss begrüßt. Das Renaissanceschloss wird auch als Krone Anhalts bezeichnet. Es ist das vollständig erhaltene Residenz- und Wohnschloss der Fürsten und späteren Herzöge von Anhalt Bernburg (1603 – 1863). Seine Ursprünge gehen aber bis ins 10.Jahrhundert zurück. Der Burghof gehört mit zu den größten in Deutschland. Auf diesem erhebt sich ein mächtiger Bergfried aus dem 12. Jahrhundert. Seit einigen Jahrhunderten trägt er den Beinamen „Eulenspiegelturm“ nach den berühmten Schalk Till Eulenspiegel in Bernburg (Saale) der auf der Bernburg Turmwächter war.

Es ist ein langer Fahrtag heute. Erst gegen 18:30 Uhr sind wir am Ziel. Wir kommen nobel im Ascania-Hotel unter. Auf dem Hof, wo wir unsere Fahrräder abstellen können, finden wir zum Glück einen Wasserhahn mit einem langen Gartenschlauch. Der hilft uns sehr, unsere Räder vom gröbsten Dreck zu befreien. Der Name des Hotels bezieht sich wohl auf die Askanier, ein deutsches Uradelsgeschlecht, zu dem auch die Fürsten von Anhalt-Bernburg gehörten.

Wir essen abends im modernen Hotel-Restaurant. Da hängt ein großer Fernseher und Deutschland spielt im Achtelfinale gegen Algerien. Deutschland gewinnt nach Verlängerung 2:1. Erst an diesem Abend können wir ausgiebig Saale-Unstrut-Weine probieren und genießen.

5. Tag Dienstag 01. Juli
Strecke BernburgNienburgCalbe Groß RosenburgBarbySchönebeckMagdeburg
Wetter frisches Sommerwetter; viele Wolken
Tourdaten 65 km
Übernachtung im eigenen Bett

weites Land bei Calbe   auf dem Weg zur letzten Fähre

Die Schlussetappe nach Magdeburg starten wir bei Sonnenschein. Nienburg mit seiner neuen Saalebrücke besuchen wir nicht, sondern wir halten uns rechts über altes Kopfsteinpflaster oder später auch über Betonplatten-Wege, für Rad und Fahrer eine letzte Belastungsprobe.

Immer noch im Naturpark Unteres Saaletal liegt Nienburg am Zusammenfluss von Bode und Saale. Die Bode hat es vom Brocken im Harz bis hierher gebracht.

Auch Calbe lassen wir links liegen. Bis hierher ist die Saale für Europaschiffe befahrbar. Calbe ist von einer Reihe geschützter Biotope umgeben: im Norden liegen die schilfbestandenen Gribehner Teiche, östlich die Niederungen des Saalebogens und im Westen die Endmoränenhügel des bewaldeten Wartenberges.

Saalefähre Groß Rosenburg   der Fährmann hat fotografiert

Durch den Flecken Trabitz geht es weiter bis vor Groß Rosenburg. Hier wechseln wir die Saaleseite mit der Rosenburger Fähre. Auch das ist wieder ein Gierfähre, die am langen Seil hängt. Der Fährmann ist so freundlich, uns zu fotografieren.

in Barby angekommen   Pannenpause auf dem Marktplatz von Barby   Rathaus von Barby

Saalemündung in die Elbe bei Barby

Die Stadt bildet die westliche Grenze des Biosphärenreservats Mittelelbe. Barby hat wie fast alle weiteren Orte der Region eine tausendjährige Geschichte. Immer wieder ist von ersten Erwähnungen im Zusammenhang mit Otto I. dem Großen die Rede. Auf ihn wurden wir schon im Memleben an der Unstrut aufmerksam.

Schönebeck beherbergt das älteste Soleheilbad Deutschlands.

   Elbelandschaft hinter Schönebeck   Pause beim Mückenwirt vor Magdeburg   Pause beim Mückenwirt vor Magdeburg

Ab Schönebeck fahren wir entlang der Elbe. Der eigentliche Elbe-Radweg führt am östliche Elbeufer entlang. Aber auch auf unserer Seite haben wir eindrucksvolle Blicke auf den träge dahin fließenden Strom.

Eine letzte Pause machen wir beim Mückenwirt, einem der meist besuchten Biergärten in Magdeburg direkt an der Elbe unweit des Fährübergangs Buckau. Bei Bier und einem kleinen Imbiss verkürzen wir uns die Zeit bis zur Zugabfahrt in Magdeburg. Wir können draußen aus einer Unzahl von freien Sitzplätzen auswählen. Zumindest bei den WM-Spielen und Public Viewing wird hier eine Menge mehr los sein.

Wir sind rechtzeitig in Magdeburg. Das Hundertwasserhaus auf dem Weg beeindruckt. Um 16 Uhr geht es mit dem IC nach Hamm und von da weiter nach Münster zurück. Es hat wieder allen Spaß gemacht. Sportlich war die Tour eher unauffällig. Aber wir haben eine geschichtsträchtige Landschaft durchfahren.

Hundertwasserhaus in Magdeburg